Und wer’s ausführlicher mag:
Das Thema Bootsführerschein ist recht komplex und eigentlich nur was für Paragraphenreiter, da es sowohl amtlich vorgeschriebene als auch (mehr oder minder) freiwillige gibt.
Man muß auch, wenn man sich zur Prüfung anmeldet, für die Theorie nie eine Fahrschule besuchen, sondern kann alles im Selbstsudium machen.
Da gibt es erstmal den bereits erwähnten Sportbootführerschein (SBF) Binnen. Den kann man in 3 Ausprägungen erwerben
- unter Antriebsmaschine
- unter Segel (das entspricht in etwa dem Segelschein A oder Segelgrundschein)
- unter Antriebsmaschine und Segel
Dabei lernt man so einiges über Schifffahrtszeichen, Betonnung, Lichterführung, Schallzeichen, Vorschriften und Regeln, die einem aber auf Revieren wie Shannon oder französischen Kanälen auch nicht viel nutzen. Was nutzt mir da, wenn ich weiß wie nachts auf dem Rhein ein Schubverband aussieht oder wie es ausschaut, wenn die Schleuse aufmacht
Vorgeschrieben ist der SBF „Motor“ erst ab einer Leistung von 5 PS, gemessen an der Welle bzw. Schraube. Zum Segeln braucht man keinen Führerschein, das ist führerscheinfrei, da dient der Führerschein eher als Befähigungsnachweis. Ausnahme ist Berlin, da braucht man ab einer bestimmten Segelgröße, die schon die meisten Surfbretter haben, einen entsprechenden Surf- und Segelschein. Hänge ich mir aber an meine Jolle einen fetten Aussenborder mit mehr als 4,9 PS, dann brauche ich den SBF Binnen unter Motor!!! Auch wenn ich ihn nie starte, da er vorhanden ist besteht führerscheinpflicht. Ich muss mich aber nicht selbst an die Pinne setzen, es muss nur ein Bootsführer mit der entsprechenden Befähigung vorhanden sein, wer tatsächlich am Ruder steht ist (fast) egal. Gemäß Behördendeutsch muss dieser sittlich/ charakterlich und körperlich geeignet sein.
Das mit dem Bodenseepatent hatten wir schon mal. Und wo wir beim Bodensee sind; es gibt auch bei einigen Revieren wie dem Bodensee bestimmte Vorschriften an die Boote (Borddurchlässe, Toilette, ...) bzw. Motoren (Lärm, Abgas, ...), um eine Zulassung für das Boot zu bekommen.
Will ich auf die See, dann schlägt zumindest in Deutschland die Deutsche Seeschiffahrtsstrassenordnung zu. Die gilt für deutsche Seeschiffahrtsstrassen, grob gesagt die deutschen Hoheitsgewässer in Nord- und Ostsee, der Nord-Ostsee-Kanal, Elbe, Weser, Ems etc. bis zu einem bestimmten Punkt stromaufwärts (wo halt die dicken Pötte fahren) und die Deutsche Bucht bis um Helgoland. Und da benötige ich den SBF See, ebenfalls ab den ominösen 5 PS. Ob ich segele oder motore, ist egal. Ausserhalb des Bereiches der Seeschiffahrtsstrassenordnung gelten dann die KVR (Kollisionsverhütungsregeln). Die lernt man aber auch.
Die Prüfung für die beiden Führerscheine ist recht einfach (wenn man gut vorbereitet ist): jeweils ein Theoriefragebogen, ein paar Knoten vormachen, einige Manöver mit dem Boot vorfahren (bei Motor Boje über Bord, Aufstoppen, Wenden auf engem Raum, An- und Ablegen und Fahren eines Kompasskurses). Die meisten Fahrschulen veranschlagen gerade mal 3 Fahrstunden. Beim SBF See kommen in der Theorie noch einige einfache Kartenaufgaben zur Navigation dazu. Mit dem Wissen ist man dann auch für ausländische Seereviere halbwegs gerüstet, was wieder Themen wie Betonnung, Lichter etc. angeht – es sei denn man kommt z.B. in die Karibik, wo die Betonnung genau umgekehrt ist.
Will man beide Führerscheine machen, sollte man erst den SBF See machen, denn dessen Praxisteil wird für die Prüfung des SBF Binnen angerechnet, umgekehrt nicht. Warum das so ist, wissen wohl nur die Verbände (DSV, DMYV) oder das zuständige Ministerium für Verkehr. – wahrscheinlich geht’s um die Prüfungsgebühr. Denn vom Praxisinhaltl sind sie beide gleich, und man muß auch nicht an die See fahren, um den SBF See zu machen. Der wird fast überall angeboten.
Und die Böötchen, mit denen einige Fahrschulen rumfahren, wären für viele Seereviere untauglich.
Dieser SBF See ist der amtlich gesehen allein nötige Führerschein, den die WaSchPo bei einer Kontrolle sehen will. Und wenn Du in deiner 10-Meter-Segelyacht auf den Einbaudiesel verzichtest oder Hilfsaussenborder mit 5 PS oder mehr verzichtest, da Du in jeder Situation ohne Motor auskommst, dann segelst Du auch ohne Schein.
Wer führerscheintechnisch gesehen höher (oder besser weiter auf die See) hinaus will, der macht den Sportküstenschifferschein (SKS). Den gibt es für Motorboot (machen aber wohl nur sehr wenige) oder für Motor & Segel. Dieser entspricht in etwa dem früher üblichen BR-Schein und ist ein „freiwilliger amtlicher“ Führerschein. Er befähigt lt. Behörde seinen Inhaber zum Führen von Schiffen innerhalb von Küstengewässern. Voraussetzung ist der SBF See und mind. 300 Seemeilen bis zur Praxisprüfung. Theorie- und Praxisprüfung können bis zu 2 Jahren auseinanderliegen, in der Theorie ist die Kartenaufgabe zur Navigation schon recht komplex (und Hauptgrund zum Durchfallen), diese Navigationsaufgabe kann aber im Fall der Fälle separat wiederholt werden. Die Praxis muß dann natürlich auf einem Seerevier erfolgen, Anbieter gibt es zuhauf. Hier sollte man für die Theorie auf jeden Fall einen Kurs belegen (wird auch oft über die VHS angeboten), und für die Praxis sucht man sich einen Anbieter in einem Revier aus, das man kennen lernen möchte oder gut erreichbar ist. Was man für die Praxisprüfung braucht, kann man locker in einer Woche lernen, nur wird es dann mit den geforderten 300 sm eng bis unmöglich, noch eine vernünftige Ausbildung mit genügend Zeit zum Üben hinzukriegen.
Hat man diesen Schein, hat man zwar offiziell die Voraussetzung zum Chartern, aber eigentlich viel zu wenig Praxis und somit Erfahrung. Da helfen Praxistörns, Skippertraining oder Mitsegeln mit Leuten, die’s beherrschen.
Böse Zungen behaupteten, den Schein gäbe es nur, weil man anfangs ausrechnete, wie viele Leute ihren BR-Schein in den SKS-Schein umschreiben lassen würden und was dann an Ausstellungsgebühren kassiert werden könnte.
Danach kann man (mit mindestens 1500 sm) den Sportseeschifferschein (SSS) machen und letztendlich den Sporthochseeschifferschein (SHS, 3000 oder 5000 sm). Da darf man dann u.a. mit dem Radar rumspielen und Astronavigation betreiben. Aber wo die gelten sollen, gibt es keine irdische Instanz, die juristisch gesehen berechtigt wäre, diesen Führerschein zu kontrollieren. Weil, wo kein Hoheitsgebiet mehr, kann man auch nicht nach diesem Führerschein fragen.
Ach ja, Kapitänspatente gibt es auch, aber das ist eine andere Welt. Und diverse Funkzeugnisse ...
Ich hoffe, es hat jetzt nicht jemanden erschlagen wegen der Fülle der Infos, aber das thema ist wirklich komplex.
Gruß, Frank