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Autor Thema: Erfahrungsbericht Bootstyp Clipper (Emerald Star)  (Gelesen 4709 mal)

Offline Stevie

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Hallo zusammen,

nachdem wir gerade 11 Tage auf einer Clipper von Emerald Star unterwegs waren, möchte ich euch unsere Erfahrungen nicht vorenthalten. Da ich auf unseren eigenen Seiten nicht unbedingt eine offizielle Bootsbewertung abgeben möchte, schreibe ich die Details mal hier zusammen:

Die Clipper ist ein sehr nettes Boot, mit super viel Platz innen und großem Deck. Die Bugkabine ist eine der größten auf Mietbooten überhaupt und hat neben der Koje viel Platz sich zu bewegen. Die Heckkabine geht über die volle Bootsbreite und lässt platzmäßig keine Wünsche offen. Stauraum ist in beiden Kabinen mehr als genug vorhanden, im Heck bieten die zwei zusätzlichen Schränke in der Rückwand schon mehr Platz, als andere Boote insgesamt in der Heckkabine haben. Der Kleiderschrank in dieser Kabine ist ebenfalls sehr geräumig. Im Bug gibt es neben mehreren Schubfächern eine Schrank, in den ich mich reinstellen kann (was bei meinen gut 100 kg was heißen will...;D ). Polster, Vorhänge und Bettwäsche waren in sehr gutem Zustand und geschmackvoll ausgewählt. Das Boot war rund 2 Jahre alt und hatte ca. 1100 Betriebsstunden.

Die konsequente Ausrichtung der Clipper auf 4 Personen bringt es mit sich, dass im Innenraum sehr viel Platz ist. Die Sitzgruppe im Salon ist nicht zum Bett umbaubar. Das kommt dem Sitzkomfort zu Gute, weil die vordere Kante der Sitzfläche etwas erhöht und ausgeformt ist. Das Doppelbett im Heck (umbaubar zu zwei Einzelkojen) ist mit 1,60m x 2,00m überdurchschnittlich groß und selbst im Bug ist mit 1,30m x 2,00m ordentlich Platz vorhanden. Die vordere Nasszelle ist normal groß, die hintere kann man schon als sehr geräumig bezeichnen.

Die Küche ist mit dem üblichen Gasherd mit Grill und Backofen ausgestattet und hat einen normal dimensionierten Kühlschrank (90 Liter) mit Eisfach. Alle Armaturen sind (wie auch in den Bädern) als Einhebelmischer ausgeführt. Es gibt genügend Schränke für Geschirr, allerdings ist der Stauraum für ungekühlte Lebensmittel etwas knapp.

Der für ein Boot dieser Größe recht geringe Air Draft von 2,68m bietet viel Spielraum bei Hochwasser oder niedrigen Brücken. Allerdings habe ich einen Windschild in unserer Reisewoche doch oft vermisst (wir hatten in den ersten 7 Tagen oft sehr windiges und auch häufiger regnerisches Wetter). Es gibt nicht viele Boote, bei denen ich zeitweise am Außensteuerstand aufgegeben habe und nach drinnen umgezogen bin, die Clipper gehört leider dazu. Ob man die handliche Höhe des Bootes einem Windschild opfern sollte, kann man diskutieren, ich wäre jedoch zumindest für eine "kleine" Lösung.

Ein paar Austattungsdetails finde ich jedoch nicht so gut gelöst. So würde z.B. eine V-förmige Bettenanordnung im Bug noch mehr Schlafplatz bieten. Die Ausführung der Beleuchtung mit Halogen-Strahlern anstelle der üblichen 12V-Leuchtstofflampen wäre gemütlicher und der fehlende Tisch an Deck ist angesichts der großzügigen Sitzgelegenheiten ein Versäumnis, dass ich nicht nachvollziehen kann. Zum Glück passt der Esstisch zusammengeklappt durch die Tür zum Achterdeck.

Kaum vermisst habe ich dagegen das fehlende Bugstrahlruder. Die Clipper lässt sich auch ohne ein solches bestens manövrieren und dreht fast auf der Stelle.

Der bewährte Nanni 4220-Motor treibt das Boot ausreichend und leise vorwärts und ist dabei mehr als sparsam. Wir sind in 11 Tagen insgesamt 50 Stunden gefahren und haben 200 Liter Diesel verbraucht (ok, zweimal durch den SEW macht sich beim Verbrauch positiv bemerkbar).  Bei rund 350 Liter Tankvolumen kommt man auch für 14 Tage bestens ohne Nachtanken klar.

Wir hatten außerdem "das Vergnügen" bei Windstärke 6-8 gegen Wellen >1m anzukämpfen, was aber mit dem Boot kein nennenswertes Problem ist.

Völlig genial ist die Strom- und Wasserversorgung des Bootes. Der Wassertank fasst 800 Liter und die Duschen haben einen Wasserdruck wie man ihn aus dem heimischen Badezimmer kennt. Bei 4 Leuten kann man somit durchaus verschwenderisch mit dem Wasser umgehen. Zu zweit haben wir es gerade mal geschafft die Nadel der Tankuhr zu einer minimalen Bewegung zu veranlassen (ca. alle 2 Tage frisches Wasser nachgefüllt).

Die Batterieleistung ist ebenfalls einwandfrei, der Kühlschrank konnte nachts eingeschaltet bleiben und  trotz ständigem Betrieb von (eigenem)) 220V-Inverter, irgendwelchen Ladegeräten und häufiger abendlicher Heizungsbenutzung hatten wir keinerlei Energie-Probleme.

Nun zum Negativen: Bei der Übernahme war das Boot in einem sehr schlecht gereinigten Zustand. Insbesondere die Teppichböden in Bug- und Heckkabine waren alles andere als sauber. Da wir etwas in Eile waren, haben wir uns selbst darum gekümmert.

Außerdem fehlten einige Ausrüstungsgegenstände: Ein Besen war ebensowenig vorhanden wie ausreichend scharfe Küchenmesser oder ein  Wasserkessel. Da hat jemand bei der Vorbereitung des Bootes offensichtlich grob geschlafen.

Die fehlenden Gegenstände wie auch die bei ESL nicht mehr standardmäßig ausgegebenen Duschhandtücher haben wir nachträglich in ausreichender Menge und Qualität erhalten, wie auch eine dritte Festmacherleine. Die Leinen waren alle mehr als ausreichend lang, sind jedoch von sehr einfacher Qualität. Da verwenden anderen Firmen erheblich besseres Material.

Bei der Rückgabe habe ich die obigen Kritikpunkte deutlich angesprochen und man hat sich durchaus sehr dafür interessiert. Der Basisleiter in Carrick-on-Shannon hat sich alles persönlich angeschaut und auch viele Notizen gemacht. Allerdings ist das natürlich nicht repräsentativ, da wir als Reiseveranstalter sicher etwas anders behandelt werden, als ein normaler Endkunde.

Fazit: Ein sehr geräumiges Boot mit durchdachter Aufteilung und kleinen Schwächen bei der Austattung. Die Probleme bei Reinigung und Ausrüstung sind allerdings ärgerlich und trüben das sonst sehr positive Gesamtbild des Bootes ein wenig. Zukünftige Berichte und Bewertungen über diesen Bootstyp sind daher besonders erwünscht!

Gruß Stevie