Shannon-Forum

Autor Thema: Steuern bei Rückwärtsfahrt.  (Gelesen 32828 mal)

Offline tusch klaus

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Steuern bei Rückwärtsfahrt.
« am: 21.06.2007, 21:11 »
Liebe Forumsfreunde (auch meine Umgangsformen werden besser) :)
Gerade hatte ich eine kleine Diskussion mit einem Freund, der evtl. dieses Jahr ein Boot in Irland mieten will.
Der Grund: ich habe gesagt, daß bei Rückwärtsfahrt ein Steuern (Richtungswechsel) praktisch unmöglich ist.
Er jedoch meint, daß je nach Stellung des Ruderblattes die Fahrtrichtung geändert werden kann.
Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß das nicht möglich ist.
Wer kennt eine logische Erklärung, warum das so ist?
Ich möchte aber möglichst nichts von links- oder rechtsdrehender Schraube hören, sondern nur eine allgemeinverständliche, vielleicht auch naturgesetzlich begründete Erklärung hören.
Die Antwort dürfte auch für Neulinge evtl. interessant sein.

Gruß Klaus
Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen, sollten wir heilfroh darueber sein, dass wir nicht alle auf einer Seite stehen.
(is nich von mir, aber gut)

KarlHwrede

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Re: Steuern bei Rückwärtsfahrt.
« Antwort #1 am: 21.06.2007, 21:22 »
Hallo Klaus,

einfach und verständlich, ohne links- oder rechtsdrehend ?  ???

Ich sag mal einfach.... Es geht kaum !  ;D Wenn es windstill ist, keine Strömung und so weiter hast Du eine gewisse Ruderwirkung, ansonsten überhaupt nicht, geht meist nur gerade zurück wenn in die eine Richtung eingeschlagen, in die Kurve, wenn in die andere eingeschlagen.... ;D

Er darf es nicht mit einem Aussenborder oder Z-Antrieb verwechseln  ;)

Gruss

Karl-Heinz

Offline tusch klaus

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Re: Steuern bei Rückwärtsfahrt.
« Antwort #2 am: 21.06.2007, 21:35 »
Hallo Karl-Heinz,
die Antwort ging ja schnell, aber ich will mal meine eigene Meinung dazu sagen: beim Vorwärtsfahren drückt die Schraube das Wasser gegen das Ruderblatt und je nach Stellung des Blattes dreht das Heck aufgrund des Rückstosses nach rechts oder nach links.
Beim Rückwärtsfahren fehlt der Druck aufs Ruderblatt und die Fahrt geht geradeaus rückwärts (ohne die Abweichung von rechts- bzw. linksdrehender Schraube zu berücksichtigen)
Das ist meine Überlegung, ich lasse mich aber gerne anders überzeugen.
Vielleicht kennt jemand eine bessere Bgründung.
Gruß Klaus
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Offline Olli

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Re: Steuern bei Rückwärtsfahrt.
« Antwort #3 am: 21.06.2007, 22:07 »
Ganz genau wie du das geschrieben hast Klaus  so ist es
Ohne Strömungsdruck von der Schraube auf das Ruderblatt geht nix
Gruss Olli

Offline Norbert V

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Re: Steuern bei Rückwärtsfahrt.
« Antwort #4 am: 22.06.2007, 08:19 »
Hallo Klaus,

wie Du selbst und Ollie geschrieben hast, ist richtig.
Wobei ich dieses Jahr in Brandenburg festgestellt habe, daß beim rückwärts fahren
das Bugstrahlruder sehr gute Dienste leistet.
Das Boot ist damit recht gut steuerbar.

Norbert V
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Offline Peter

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Re: Steuern bei Rückwärtsfahrt.
« Antwort #5 am: 22.06.2007, 18:54 »
Hallo Klaus,
und es geht doch !
Ruder hart Backbord, VOLLE KRAFT zurück und das Boot macht einen Bogen nach Backbord.
Probier es mal im Stillwasser aus.
Vorsicht: Für so ein Manöver sollte man das Boot schon gut kennen.

Beim "Schiffchen gucken" habe ich mal einem Mechaniker von SLC neidvoll zugesehen, der in einem Affentempo, "einhändig" und mit einer aufreizenden Art seine Boote eingeparkt hat. Quasi ein "Bootflüsterer". Da war schon Zauberei im Spiel und Monty Roberts hätte seine Freude daran gehabt.

Als "Wald- und Wiesenskipper" grüßt
Peter
Hello Captain

Offline ukmueller

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Re: Steuern bei Rückwärtsfahrt.
« Antwort #6 am: 23.06.2007, 04:17 »
Hallo Ihr Achterausfahrer!

Ich habe in den letzten 12 Monaten einige Entfernungen voraus und zwangslaeufig auch achteraus zurueckgelegt und hoffe etwas brauchbares hinzufuegen zu koennen.

Bei einem Ein-Schraubenboot hat die Ruderstellung beim Achterausfahren einen Einfluss auf das Boot nur wenn sich das Boot mit einiger Geschwindigkeit und ueber einige Entfernung rueckwaerts durch das Wasser bewegt.  Wenn man nur im engen Bereich manoeveriert, also das Boot sich nicht sehr weit durch das Wasser schiebt, ist der "Prop-Walk", also der seitliche Drang der Schraube, groesser als der Druck auf das Ruder.
Man kann aber trotzdem das Boot sehr gut rueckwaerts steuern.  Zunaechst muss man (durch versuchen in offenem Wasser) feststellen in welche Richtung das Boot im Rueckwaertsgang zieht. Man stellt dann das Ruder in die Gegenrichtung, zieht achteraus, wenn man zu weit in die falsche Richtung neigt, ein kurzer Schlag voraus, kurz aber ruhig mit etwas Power. Dann wieder langsam achteraus bis man wieder durch den kurzen Vorauspush korrigieren muss. 

Bei Booten mit Bugschraube wird das Achterausfahren zum Kinderspiel (nach einiger Uebung). Das Boot langsam rueckwaerts ziehen lassen, im engen Raum immer ein- und auskuppeln, schoen langsam, und mit der anderen Hand den Thruster bedienen.  Ist wirklich sehr kontrollierbar und ich fahre in enge Marinas grundsaetzlich rueckwaerts rein weil ich dann bessere Kontrollle habe.

Viel Glueck, aber fahrt doch lieber hauptsaechlich vorwaerts.

Uve
....and may I die in Ireland.

Offline Peter

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Re: Steuern bei Rückwärtsfahrt.
« Antwort #7 am: 23.06.2007, 14:25 »
Zitat
und es geht doch !
Ruder hart Backbord, VOLLE KRAFT zurück und das Boot macht einen Bogen nach Backbord.
Probier es mal im Stillwasser aus.
Vorsicht: Für so ein Manöver sollte man das Boot schon gut kennen.

Da muß ich doch meine o.a. eigene Aussage relativieren:
Ich wollte eigentlich nur die Frage beantworten: Hat das Ruder eine Steuerwirkung bei Rückwärtsfahrt?

Natürlich soll man nach dieser Methode sein Boot nicht rückwärts manövrieren.
Durch den großen Druck auf das Ruderblatt kann dessen Aufhängung und Führung beschädigt werden,
zumal Ruder und Schraube bei Rückwärtsfahrt ungeschützt sind.

Die richtige Methode hat Uve beschrieben:
Bei Einschraubenbooten mit Welle und linksgängigem Propeller wird das Bootsheck bei Rückwärtsfahrt
nach Steuerbord gezogen.
1. Boot in Position für die Rückwärtsfahrt bringen - STOP
2. Ruder hart Steuerbord (linksgängiger Propeller) und dort lassen
3. Zügig rückwärts fahren
4. Wenn das Boot zu weit aus dem Kurs (nach Steuerbord) gelaufen ist, kurzer kräftiger Vorwärtschub
    = Bug schwenkt nach Steuerbord - das Heck nach Backbord
5. Zügig weiter rückwärts (s. 3.)

Mit dieser Methode kann man übrigens das Boot Iin engen Häfen fast auf der Stelle drehen.

Gruß
Peter

Und wenn es nicht klappt - das Boot einfach über Bord werfen  :)

 





« Letzte Änderung: 23.06.2007, 14:29 von Peter »
Hello Captain

Offline tusch klaus

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Re: Steuern bei Rückwärtsfahrt.
« Antwort #8 am: 23.06.2007, 14:53 »
Hallo Leute.
Vielen Dank für Eure Antworten, haben mir (nur ein bischen) geholfen.
Daß das Boot nicht genau geradeaus rückwärts schwimmt war mir klar (wegen der rechts- oder linksdrehenden Schraube).
Wenn ich aber (wie Peter Punkt 4) einen kurzen Stoß vorwärts gebe um die Richtung zu halten, fahre ich kurze Zeit eben nicht mehr rückwärts.
Diese Möglichkeit nutze ich immer um praktisch auf der Stelle zu drehen (kurz vorwärts-kurz rückwärts und das mit immer gleich eingestelltem Ruder).
Mir war nur wichtig, daß bei nur Rückwärtsfahrt eine gewollte Richtungsänderung praktisch unmöglich ist.
Beweisen kann ich das meinem Freund aber im Moment trotzdem nicht, sondern nur bei einer praktischen Vorführung.
Jedenfalls vielen Dank, melde mich bei der nächsten techn. Frage wieder bei Euch.
Gruß Klaus


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(is nich von mir, aber gut)

Offline Escape

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Re: Steuern bei Rückwärtsfahrt.
« Antwort #9 am: 18.11.2008, 17:13 »
Zitat
4. Wenn das Boot zu weit aus dem Kurs (nach Steuerbord) gelaufen ist, kurzer kräftiger Vorwärtschub

So kann man auch gut rk einparken ... aber immer schön dem Getriebe Zeit geben, gell?  :-* Ratzfatz vor und zurück ist nämlich ziemlich materialmordend.

Gruß Escape

Offline tusch klaus

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Re: Steuern bei Rückwärtsfahrt.
« Antwort #10 am: 18.11.2008, 19:12 »
Hallo Escape.
Ist mein alter Beitrag doch nochmal aus der Versenkung geholt worden.
Als Ergänzung: Bei meiner letzten Tour mit einer Waveduke bin ich auf die Art wie von Peter beschrieben rückwärts aus dem vollbesetzten Hafen Portumna Castle mit wechselnden Richtungen zwischen diversen Booten rausgefahren, ohne ein anderes Boot zu rammen.

Ich war selbst von mir begeistert ;D.
Ich würde jedem empfehlen, sowas mal auszuprobieren (wenn Platz genug ist!)

Gruß Klaus
Gerade weil wir alle in einem Boot sitzen, sollten wir heilfroh darueber sein, dass wir nicht alle auf einer Seite stehen.
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Offline Stevie

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Re: Steuern bei Rückwärtsfahrt.
« Antwort #11 am: 19.11.2008, 07:32 »
Ich hatte mal das "Vergnügen", mit einem Waveearl rückwärts von Clondara Lock nach Richmond Harbour zurücksetzen zu dürfen (Schleuse war defekt). Hat etwa 25 Minuten gedauert und war nur mit der von Peter weiter oben beschriebenen Methode zu bewältigen.

Gruß Stevie

Offline Peter

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Re: Steuern bei Rückwärtsfahrt.
« Antwort #12 am: 19.11.2008, 17:10 »
Der Trick bei der Sache ist folgender:
Schon wenn die Tendenz zur Kursabweichung erkennbar ist, kurz in Leerlauf und mit kurzem kräftigen Schub in entgegengesetzter Richtung gegensteuern. Die Fahrt braucht dabei nicht aus dem Boot genommen werden. Die größte Wirkung (Radeffekt) hat die Schraube beim Anlaufen,also im ersten Moment.
Einfach probieren, möglichst im Stillgewässer. Nach einem Jahr Abstinenz dauert es bei mir auch immer wieder einige Zeit, bis die wichtigsten Manöver annähernd reibungslos klappen - aber so wie das Einweisungspersonal die Dampfer händelt, keine Chance.
Gruß vom Niederhein
Peter
Hello Captain

Offline Bernd Groten

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Re: Steuern bei Rückwärtsfahrt.
« Antwort #13 am: 19.11.2008, 18:34 »

Im Jahr 2002 hatten wir einen Motorschaden an der Ultima V von Erne Marine in Carrybridge. Der Monteur Eric holte uns mit einer Royal ab und wir fuhren im Päckchen nach Erne Marine. An der Marina angekommen sprang Eric ins Dinghy fuhr in den Hafen und rief mir zu ich sollte mit dem Päckchen rückwärts folgen.
Es hat mir damals einige Schweißperlen auf  die Stirn getrieben, aber wie es Peter und Klaus  beschrieben haben geht es.

Seit dem fahre ich am Anleger am Einkaufscenter in Enniskillen meistens rückwärts an den Anleger.

Grüße aus Solingen

Bernd

Offline Escape

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Re: Steuern bei Rückwärtsfahrt.
« Antwort #14 am: 20.11.2008, 10:27 »
Es funktioniert aber nur, wenn man sich Zeit lässt. Alle Hektik stört. Ich musste so im Canal lateral de la Garonne anlegen - zwischen zwei wunderschön gepflegten Seglern mit besorgten, leicht blasiert wirkenden Eignern. Und jede Menge  :o Zuschauer (ein großes Restaurant am Anleger).  8)

Die Schraube schob das Heck nach Steuerbord, Ruder entsprechend umgelegt und nicht mehr angefasst. Nur mit Gas/Gang eingeparkt. Abstand seitlich ca. 60 cm jeweils... Danach habe ich von beiden den wohlverdienten Anlegeschluck spendiert bekommen. Und sie gefragt, als sie vom Segeln schwärmten, ob sie das Anlegemanöver unter Seglen machen könnten...   ;D