Shannon-Forum

Autor Thema: Harbour Watching  (Gelesen 5263 mal)

Offline Panta Rhei

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 703
  • Der Fluss is a Dorf.
    • www.wolfgang-buck.de
Harbour Watching
« am: 16.09.2007, 14:31 »
Eine lustige Gewohnheit der einheimischen Bevölkerung ist das Harbour Watching. Das ist uns schon immer aufgefallen. Eine beliebte Stelle ist zum Beispiel unterhalb der Schleuse von Tarmonbarry: reger Autoverkehr, Liebespaare sitzen nebeneinander im Auto und blicken hinaus auf die Wasserfläche. (Romantischer für Liebespaare wäre vielleicht: Den Shannon nicht nur durch die Window Screen zu sehen, sondern den Wind zu spüren und die Tauchenten zu hören. Aber wer hält schon soviel Romantik aus?)

Aber in diesem Jahr war es irgendwie in fast jedem Hafen mit Zufahrt von der Straße zu beobachten: Belturbet, Ballyconnell, Ballinamore, Haughtons Shore Marina, Keshcarrigan. Andere Länder finden vielleicht die komische Angewohnheit der Deutschen lustig, nämlich: Aus dem Auto aussteigen und spazieren zu gehen. "Die spinnen, die Deutschen." Die Iren denken sich: Es könnte ja sein, dass es regnet (eine begründete Befürchtung), also bleib ich sitzen. Und die Steigerung: es könnte ja sein, dass plötzlich ein Blizzard ausbricht. Deshalb lass ich lieber den Motor an, weil dann die Heizung funktioniert. Andere Länder, andere Sitten. Solange sie nicht mit Kartoffeln auf uns schießen, no problem.

PS: Nur einmal ist eine einsame Autofahrerin ausgestiegen. Da wurde sie vom ihrem heimlichen Geliebten abgeholt und nach 2 Stunden wieder gebracht. Ihr seht, uns entgeht nichts. Wir sind nämlich passionierte Car Watcher.  8)
« Letzte Änderung: 16.09.2007, 14:39 von Panta Rhei »
Ein herzliches Ade aus Oberfranken!
Wolfgang

Offline bádoir

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 2986
  • Irland sehen- und leben!
    • http://www.dazukommichn.ie
Re: Harbour Watching
« Antwort #1 am: 16.09.2007, 15:39 »
Sag mal, Panta Rhei, warst du  (wie dein nick schon nahelegt) nicht vesehentlich in Griechenland?  ;)

Da kann man genau dasselbe beobachten. Dort, wo man möglichst nah ans Meer ranfahren kann, ist abends ein ständiges Kommen und Gehen Fahren. Man hat den Eindruck, die müssen sich täglich überzeugen, ob das Meer noch da ist.

Die Länder haben vieles gemeinsam, und die Griechen hätten den Iren auch gerne den sommerlichen Regen abgenommen.

Offline Peter

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 737
  • Lächeln ist eine sympathische Falte
Re: Harbour Watching
« Antwort #2 am: 16.09.2007, 18:55 »
das war vor 20 Jahren schon so. Besonders am Wochenende kamen ganze Clans in ihren damals noch irisch-schrottreifen Familienkutschen mit Kind und allen Kegeln zum "Touristen-Gucken" in die Häfen. Papa und Mama blieben im Auto (nur mal kurz raus und das Steak auf dem Grill wenden), die Kinder tollten am und im Wasser herum. Gegen Abend alles wieder an Bord und zurück gings. Aus den Rostbüchsen vor 20 Jahren sind inzwischen schicke Yachten geworden. Aber sonst - wie gehabt. Freitag abend oder Samstag morgen kommen sie an. 
Das von Panta Rhei beschriebene "Harbour Watching" ist besonders ausgeprägt im "Hodson Bay-Harbour". Samstags und Sonntags bekommt man dort ein tiefes Verständnis für Zootiere hinter Gittern So wie diese fühlt man sich im und auf dem Boot ungeschützt den neugierigen Blicken der auf dem Molerundgang schlendernden Völkermassen ausgesetzt.
Und wem das unangenehm ist, sollte am Wochende und bei schönem Wetter diesen Anleger meiden.
Gruß
Peter
Hello Captain

Offline Fritz

  • Verified User
  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 93
    • Beruf ? Berufung ?
Re: Harbour Watching
« Antwort #3 am: 19.09.2007, 19:06 »
Ich find das gar nicht so unerklärlich, die Marinas erfüllen meiner Meinung nach eine Vielzahl von Funktionen auch für den nicht per Boot Reisenden. So gibt es doch in den meisten Gegenden Irlands in Ermangelung von richtigen Autobahnen auch keine Autobahnraststationen, und wenn man dann mal wieder für eine einfach Fahrt von 200km auf den ganzen N´s und R´s schon 2h unterwegs ist, und noch immer weit weg vom Ziel ist, sehnt man sich nach einem Rastplatz. Wenn das Wetter halbwegs nett ist, mag ich mir vielleicht kein Pub suchen und drinnen sitzen, ausserdem haben die zu wesentlichen Reisezeiten im Laufe eines Tages oft geschlossen, und bei Statoil & co krieg ich zwar mein Irisches Lunchmenü (Chicken-Sandwich, Dose Ribena und einen Flake-Schokoriegel) aber essen und ein bischen durchatmen will ich dann auch oft nicht dort. Da kommen dann die Marinas und Anlegestellen zum Zug: Man findet immer was zum Parken, weil irgendwo müssen die IWAI Autos und die Müllwagen und so ja auch stehenbleiben können, also gibts immer einen Parkplatz, es gibt ein WC (dafür habe ich auch auf Mietwagentouren immer eine alte Lock-card mit), was vielleicht auch die Attraktivität bei den Einheimischen im 3. Lebensabschnitt erklärt, wo gerade bei uns als "starkes" Geschlecht das von Jahr zu Jahr wichtiger wird, es gibt was zum Hinsetzen, zumindest eine Hafenmauer, man kann vielleicht dem einen oder anderen Bootskameraden beim Anlegen behilflich sein ... und wenn das Sandwich besch .. war gibt es dankbare Enten.

Nur warum steigen sie nicht aus ?
bezogen auf das Wetter in diesem Sommer möchte man fast als Gründe angeben: 1.) das durchschnittliche Wetter im Juli, 2.) das durchschnittliche Wetter im August .... ich würde aber eher sagen, es liegt daran, das zum Standard-Boatwatching-Kit ja normalerweise eine passende Zeitung gehöhrt (Irish Times, Fermanagh Farmers Journal, An Phoblacht, ...), und versucht mal diese mobilen Plakatformate zu lesen, wenn dauernd der Wind bläst, ausserdem schlägt der durchschnittliche SUV-Sitz nunmal die hölzerne Parkbank bei weitem ...

mfg Fritz (der hoffentlich in 2 Wochen boat-watching am Grand Canal, River Barrow und Shannon betreiben darf)

Offline Tina

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 775
  • Frau am Steuer macht sanfte Wellen!
    • Wasserrausch
Re: Harbour Watching
« Antwort #4 am: 19.09.2007, 22:52 »
Hallo Panta Rhei,

uns entgeht natürlich auch nichts ;).

Nach meinen Beobachtungen ist die Quote der reinen im Autositzen-Bleiber doch niedriger als die der Aussteiger.

Wir unterscheiden auf größeren Parkplätzen auch noch die Erste-Reihe-Parker (mitten vorm Salon), die Zweite-Reihe-Parker und die Dritte-Reihe-Parker. Ja durchaus gibt es auch da Unterschiede.

Egal in welcher Reihe geparkt wir, die Meisten steigen durchaus aus,

- sogar öfters, wenn die Blase oder was anderes drückt, manchmal scheint es sehr dringlich zu sein. Erstaunlicherweise gibt es hierbei auch diejenigen, die während des Besuches des Toilettenhäuschens den Motor laufen lassen ???;

- auch die von WI beauftragten Reinigungsfrauen, um das Servicehäuschens zu reinigen, auch hier haben wir auch schon mal den Turboeinsatz  ::) mit laufendem Motor beobachtet;

- eher selten, aber schon mehrfach gesehen: wenn das Boot kommt, auf dem man mitfahren will oder von dem man jemanden abholt;

- um die Müllcontainer unauffällig zu besichtigen und nebenbei den eigenen häuslichen Abfall  >:( - beliebt auch daneben - abzustellen;

- um Kinder möglichst nah an den Booten balancieren zu lassen und nebenbei ganz unauffällig in die Kabinen zu spähen;

- um nach Eintreffen eines weiteren Fahrzeugs umzusteigen
um a)  gemeinsam diverse Lokalitäten wie Pubs aufzusuchen
oder um b) im Nachbarfahrzeug für ein halbes Stündchen im Dunkeln zu quatschen und anschließend noch eine zu rauchen ;)

- um Wasser in Kanister abzufüllen;

und und und


Ausgestiegen wird nicht,

- wenn die Gattin beim Friseur / Arzt / Einkauf ist und nur die Wartezeit überbrückt werden soll. Diese Wartenden gehören oftmals zu der Zeitungslesefraktion;

- bei Pausen nach längeren Fahrten oder sogenannten Mittagspausen (Raststation), hier findet das Krümeln während der Nahrungsaufnahme fast ausschließlich im Auto statt. Dieses wird gelegentlich zu Entsorgungszwecken am Ende des Parkplatzaufenthaltes kurz verlassen. Manchmal werden die wenigen Meter dorthin durchaus auch unter Einsatz der Fortbewegung mit dem Motor verkürzt;

- weder ausgestiegen noch angehalten wird, wenn jemand mit Motorgeheul und quitschenden Reifen einfach nur eine Runde dreht, um zu zeigen, was man nicht alles so drauf hat  >:(;

- wenn einfach nur gegafft wird;



Bisher erfolgreich angwandte Gegenmaßnahmen bei absoluten Erste-Reihe-Gaffern:

- Vorhang zuziehen;

-  hingehen und ein Gespräch beginnen;

- im großen Bogen den Müll wegbringen, von hinten anschleichen und plötzlich neben der Scheibe der Fahrertür stehen und anklopfen;


Angedachte, aber bisher noch nicht erprobte Gegenmaßnahmen bei absoluten Erste-Reihe-parkenden-Gaffern:

- Kiddies mit Wasserpistole losschicken;

- Angelroute weit ausholend knapp am Auto entlang schrappend auswerfen;

- DM12 unters Auto werfen;


Lieben Gruß Tina

« Letzte Änderung: 19.09.2007, 23:01 von Tina »
An n? a thig leis a'ghaoith, falbhaidh e leis an uisge.
Was mit dem Wind kommt, wird mit dem Wasser gehen.
http://www.wasserrausch.de

Offline Fritz

  • Verified User
  • Full Member
  • ***
  • Beiträge: 93
    • Beruf ? Berufung ?
Re: Harbour Watching
« Antwort #5 am: 19.09.2007, 23:59 »
Ich weiss nicht, ich fand das eigentlich nie wirklich unangenehm oder wirklich lästig, im Gegenteil, in Belturbet ist die Tuning-Fraktion ein wenig massiv vertreten, aber oft sind das gute Informationsquellen betreffend Einkaufen, Pubs mit Musik ... mich hat in Drumshanbo sogar mal so ein nettes altes Ehepaar mit dem Auto in den Ort mitgenommen, so schnell hat man sich 15 min laufen gespart.

mfg Fritz

Offline Panta Rhei

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 703
  • Der Fluss is a Dorf.
    • www.wolfgang-buck.de
Re: Harbour Watching
« Antwort #6 am: 20.09.2007, 08:42 »
Finde ich auch. Harbour Watching ist für mich nicht lästig, sondern eher lustig, und zwar deswegen, weil ich selber ein neugieriger Mensch bin. Neugierde ist für mich eine der wichtigsten menschlichen Eigenschaften, ohne sie würden wir immer noch auf den Bäumen sitzen. Also: es lebe das Harbour Watching, aber bitte: Motor aus.
Ein herzliches Ade aus Oberfranken!
Wolfgang