Mist, Uve, woher kennst du meinen Schrank mit den seelsorgerlichen Allerweltsweisheiten? Ich hab gedacht, ich hätte die Sprüche genug aufgepeppt und es fällt nicht auf, dass sie aus der Schublade sind. Es war übrigens die behaviouristische Abteilung, die mit den Rezepten für Verhaltensänderungen. Kein Wunder, dass sie dir nicht schmecken. Kann ich sehr gut verstehen, mir würde es genauso gehen.
Na gut, schaumermal, was wir noch für Schächtelchen haben.
Aah, hier, die katholische. Ich glaub, da hab ich was für dich. Ziemlich alt und auch noch lateinisch. Moment, was steht da drauf: "Ego te absolvo." Das würde dir schon eher gefallen, aber sorry, Renee ist katholisch, du leider nicht. Pech für dich.
Was gibts da noch? Der gute alte Sigmund Freud, der mit dem Ich, dem Über-Ich und dem Es, alter Seelenschnüffler und Kenner unserer geheimsten männlichen Antriebe. "Wäääh, meine Mama weigert sich, immer das zu tun, was ich gerne möchte. Es ist aber ihre Aufgabe, immer für mich da zu sein, wäääh. Wieso bewundert sie mich nicht, wenn ich mit meinem überdimensionalen Geschlechtsteil die Weltmeere durchpflüge?" Ooh, das ist gemein, schnell wieder den Deckel auf die Schachtel. Sonst müsste ich zu sehr über den kleinen Wolfgang in mir nachdenken. Die Frauen brauchen ja auch nicht zu wissen, dass wir lauter geklonte Peter Pans sind, die keine Lust haben, erwachsen zu werden.
Ja, wen haben wir denn da? Hallo Nietzsche, syphillitischer Egomane und Chauvi. "Gehst du zum Weibe ....". Nein, also, da sind wir drüber hinaus. Schließlich haben wir ja die Menschenrechtscharta der UN. Schnell, wenn ich schon grad beim Stöbern bin, in den Abfall der Geschichte.
Ob ich keinen Spruch von Epikur habe, dem alten Hedonisten? Das würde dir und mir gefallen. Er hat angeblich das Vergnügen und den Genuß als oberste philosophische Kategorie eingeführt. Aber nichts da, alles Legende. Die Epikureer waren keine vergnügungssüchtigen Rumhänger, sondern ihr oberstes Streben war das Unabhängigwerden von Emotionen, also nicht nur von Leid, sondern auch von Freude, die ataraxia, was soviel heißt wir: Nichts tangiert mich mehr, deshalb bin ich frei. Vergiß es, das is nix für unsereins.
Oh weh, ich glaub, ich kann dir mit meinen Schubladen nicht weiterhelfen. Nicht mal im Giftschrank hab ich was gefunden.
Meine Oma hätte wahrscheinlich gesagt: "Ärberd wos, dann mussd ned su viel simmerliern." ("Ärbern" heißt "arbeiten", "Simmerliern" bedeutet soviel wie: über sich selbst und die Probleme der Welt nachdenken.) Aber ob uns das weiterhilft? Sie war eine einfache (naja, manchmal auch komplizierte) Frau, die als Magd und Putzfrau gearbeitet hat, und ich würde sie eher der behaviouristischen Schule zurechnen. Ich war nie besonders über diesen Ratschlag erbaut. Mein Motto war schon immer: Lieber simmerliern, als wie ärbern. Aber vielleicht ist auch im Ratschlag meiner Oma ein Körnchen Wahrheit.
Schade, dass Ihr eine Woche vor uns am Erne seid, sonst könnten wir das ganze mal bei einer Flasche Jameson gründlich durchdenken. So musst du dich mit ein paar anderen netten Leuten aus dem Forum beraten. Aber glaube ihnen kein Wort. Die Frauen werden in Wirklichkeit alle gezwungen, Boot zu fahren und würden viel lieber dem Gesang der Nachtigall in einem toskanischen Olivenhain lauschen. Glaub mirs.