Geschätzte Freunde!
Vor langer Zeit wurde in diesem Forum mal angeregt, ein Lexikon seemännischer Fachausdrücke anzulegen. So recht ist das nicht vorangekommen; andererseits gibt es im Internet mittlerweile jede Menge diesbezüglicher Informationen, die jedem zur Verfügung stehen.
Was aber noch fehlt, ist eine Zusammenstellung mißverständlicher Begriffe. So ist es mir ein Anliegen, hier einige oft falsch angewandte bzw. verstandene Begriffe zu erläutern. Nicht zuletzt war mein Augenmerk auch darauf gerichtet, unsere segelnden Freunde mit einzubeziehen.
Absorberkühlschrank
Tückisches Kühlbehältnis für Speisen und Getränke, das auf geheimnisvolle Weise Bier absorbiert. Nach übereinstimmenden Augenzeugenberichten verschwinden gelagerte Biervorräte nach mathematisch nicht faßbaren Gesetzen. Nichtalkoholische Getränke bleiben unbehelligt.
Angelsachsen
kontinentaler Volksstamm, der in der Urlaubszeit in Irland Garbfen aus dem Wasser zieht.
Barkasse
Letzte Rettung, wenn wieder mal kein Geldautomat funktioniert.
Bugstrahlruder
fächelt den erhitzten Gemütern Luft zu, wenn das Schiff im Suff über das Ufer gefahren wurde und hoch und trocken liegt.
Dinghi
Schönfärberische Verkleinerungsform für das Scheiß-Ding, das beim Schleusen und beim Anlegen immer im Weg umgeht.
Eindampfen
Muß man gegen den Wind ablegen, so kann es leicht passieren, daß man den auf dem brennenden Herd abgestellten Teekessel vergißt. Das Ergebnis des so stattgefundenen Eindampfens gilt als geschmacklich unbefriedigend. Deshalb sollte bei solchen Manövern der Herd stets ausgeschaltet sein.
Enterhaken
Eingabehilfe auf Entfernung bei ungünstig neben dem Steuerstand positioniertem Laptop.
Faden
seemännische Längeneinheit (1,852 m) zur Tiefenmessung. Werden in irischen Binnengewässern mehr als 50 Faden gelotet, bedarf es wegen der höheren Zugkräfte eines stärkeren Fadens; man spricht dann von Seemannsgarn.
Filzstift
(aus der Luftfahrt) Sicherheitskontrolleur im ersten Lehrjahr.
Flögel
Niederdeutsch für Flegel, also Schleusenvordrängler, Bugwellenprotze, Mit-dem-Dinghi-Breitmacher usw.
Der Flögel wurde früher im Masttopp aufgehängt, damit er wußte, woher der Wind weht.
Aber die alten Bräuche sterben leider immer mehr aus.
GPS
Große Positionsspielerei. Hat hohen emotionalen Wert, um im Alltag den Urlaubstörn nachvollziehen zu können und kann im Einzelfall auch in Irland zur Orientierung nützlich sein. Wahrer Nutzen ergibt sich aber erst in der Großen Seefahrt, also z.B. um Kap Hoorn oder über Loch Marrave.
Wäre GPS früher erfunden worden, hätte Kolumbus nicht Amerika entdeckt.
(Ruhe, ihr Lästerer !!!)
Grundeis
Sitzgelegenheit für verzagte Seefahrer.
Hanepot
Großer Kochtopf zur Bereitung von Geflügelgerichten. Wurde oft an einer durch beide Henkel gezogenen Leinentraverse an der Decke aufgehängt. So hat sich später dieser Ausdruck auf diese Leinenanordnung an sich übertragen.
Jetty
Startplatz für die Jetskis der Einheimischen an schönen Wochenenden. Wird gelegentlich von rücksichtslosen Urlaubern als Anlegeplatz mißbraucht.
Ka(c)kophonie
Geräusch, das aus unzureichend schallgedämmten Schiffstoiletten in den Salon dringt.
Kardinalbetonnung
Vier Warnzeichen in N, E, S und W zur Abgrenzung eines Seefahrtgebiets für kirchliche Würdenträger. Es wird dringendst angeraten, minderjährige Knaben unter Deck zu belassen.
Vorsicht: Wo das Gebiet schon anderweitig begrenzt ist, entfällt u.U. eine oder zwei Kardinaltonnen. Bei navigatorischen Unsicherheiten empfiehlt es sich, das Kielschwert (s.d.) bereitzuhalten.
Kursdreieck
Navigatorisches Hilfsmittel für Orientierungsschwache, die nicht immer nur im Kreis fahren wollen.
Kielschwein
In der historischen Seefahrt nichtvegetabile Nahrungsreserve, die wegen der Kühle auf dem Kielbalken gelagert wurde. Geriet das Schiff in schweres Wetter und quietschten die Balken im Rumpf, so war der gängige Ausspruch "Ich glaube, mein Kielschwein pfeift". Unter Landratten wegen des fehlenden Bezugs oft verkürzt zu "Ich glaube, mein Schwein pfeift".
Kielschwert
Hieb- und Stichwaffe, die aus Sicherheitsgründen ganz unten am Schiff aufbewahrt werden muß. Nützliches Instrument gegen Raser, Rechthaber und Saufbrüder.
Mißweisung
Unseemämnnische Weisung an die Mannschaft, zum Beispiel:
"Mach den Strick da vorne links fest" statt:
"Backbordvorspring belegen"
Solch gruselig-laienhafte Ausdrucksweise kann u.U. sogar die Kompaßanzeige stören.
Ösfaß
Großes Vorratsbehältnis, aus dem (manche) Ösis trinken. Kann nach
Gebrauch zum Leerschöpfen der Bilge verwendet werden.
Patenthalse
Wer sich aus finanziellen Gründen nicht ausreichend Guinness in den Hals schütten kann, vermag sich mittels der Patenthalse ein authentisches Kopfwehgefühl zu verschaffen.
pichen
Abdichten des Schiffsrumpfes mit Pech und Werg. Wegen der phonetischen Ähnlichkeit mit der außerbordlichen Abwasserentsorgung durch männliche Besatzungsmitglieder wurde in sensiblen Damenkreisen der Ausdruck durch "kalfatern" ersetzt. Der ursprünglich vorgeschlagene Ausdruck "kalmuttern" konnte sich nicht durchsetzen.
Reede
Ansammlung von Schiffen, bei der viel gereedet wird. Ruhebedürftige Urlauber versuchen zuweilen, die Reeden großräumig zu umfahren, um sich nicht dem sog. Reede - Schwall auszusetzen. Ist beim Einlaufen in den Heimathafen jedoch nicht immer zu vermeiden.
Reling
ursprünglich: reel-ing; soll unvorsichtige Tänzer auf dem Deck vor dem Absturz ins Wasser bewahren
Rocker Stopper
Vorrichtung, die die verräterische Schiffsbewegung dämpft, die bei einer im Englischen vornehm mit "rock" umschriebenen Tätigkeit entsteht.
Schauerleute
Besatzungsmitglieder, die bei ungünstigen Witterungsbedingungen die Schleuse bedienen müssen.
Stapellauf
Gefährliches Manöver, bevor ein Schiff in See sticht. Nicht selten wurde ein braver Seemann beim Herbeischaffen und Einladen vom Stapel der Guinnessdosen erschlagen.
Talje
Seemännisch für Flaschenzug. Ist gegen Ende des Urlaubs hilfreich, um Besatzungsmitglieder an Bord zu hieven, bei denen sich zu viel Irish Breakfast an der Talje abgelagert hat- daher der Name.
Tonnenstrich
Mit schwergewichtigen Damen bestückte Vergnügungsmeile.
Torschütz
An den Schleusentoren positioniertes Überwachungspersonal, das Vordrängler rigoros und endgültig aus dem Verkehr zieht. Seit der letzten Sympathieoffensive von WI mit Schalldämpfern ausgerüstet.
Vorschoter
Kombüsenhilfskraft zur Vorbereitung von Hülsenfruchtgerichten.
Wantenspanner
Vorrichtung zum Spannen von dünnen Drahtseilen. Nicht zu verwechseln mit Wampenspanner (=Hosengürtel).
Windlass
englisch für Ankerwinde. So genannt, weil bei körperlicher Anstrengung zuweilen guinnessbedingte Winde abgehen.
So, mit diesem Wissen dürfte einem unbeschwerten und vergnüglichen Urlaub nichts mehr im Wege stehen.
Grüße,
bádoir