Shannon-Forum

Autor Thema: Darf nicht im Archiv versauern....  (Gelesen 18607 mal)

KarlHwrede

  • Gast
Darf nicht im Archiv versauern....
« am: 22.03.2015, 09:46 »
Gestern Abend haben wir uns mit Elke und Robin zum Essen getroffen, die wir in Irland kennengelernt haben und das, obwohl sie nur drei Orte weiter wohnen.
Worum ging es beim Essen ?
Stimmt, die meiste Zeit um Irland... ;D

Unter anderem fiel mir die angehängte Geschichte wieder ein, die ich dann mal hochgekramt habe weil sie mir auch heute noch die Tränen in die Augen treibt... Da der Thread, aus dem sie stammt aber bei irgendeiner Gelegenheit im Archiv verschwand, hier nochmal für alle, die erst nach 2005 zum Forum stiessen die volle Wahrheit über den Bootsurlaub  ;D



Verfasser : Kaptein
Gast


Wird der Motor Dir zu heiß, ist das ziemlich goßer....
« am: 28.10.2005, 21:02 »
   
Liebe Freunde der gepflegten Bootskultur, ich grüße Euch Ihr getreuen Recken der Seemannschaft!

Vor einiger Zeit wurde, mit einiger Berechtigung wie ich meine, gefordert, etwas mehr Feedback zu den vergangenen Urlauben zu liefern. Dies um, die Leserschaft an den süßen und kostbaren Momenten ungezügelter Urlaubsfreude und / oder an gemachten Erfahrungen teilhaben zu lassen, die eher im Bereich des zweifelhaft investigativen Urlaubsjournalismus der deutschen Privatfernsehsender zu fallen scheinen.
Liebe Freunde, im letzten September hatte ich die große Ehre mit meinen tiefgründig merkwürdigen Skipperkomplizen, den Shannon eher weniger formvollendet zu bekreuzen. Grund dafür war ein abgetakelter Appelkahn, den ich im folgenden abschätzig, als das Ding betiteln werde. Und das, so möchte ich hinzufügen, ist außerordentlich geschmeichelt.

Zunächst und vorab möchte ich jedoch noch einmal den beiden Herren bei Waveline Cruisers danken, die uns in unserer Not tatkräftig, hilfsbereit und überaus freundlich zur Hilfe kamen. Gute Männer! Der tadellose und beispielhafte Zustand aller Waveliner, deren wir ob unseres eigenen Schicksals fast eifersüchtig angesichtig wurden sprechen dieselbe Sprache. Vorbildliche Marina, vorbildliche Bootspflege und durch die Bank zufriedene, lächelnde Kunden. Ich ziehe meinen Hut, lieber Pike!

Ich werde mich in der Öffentlichkeit hüten, den Namen unseres Vercharterers oder den genauen Bootstyp zu nennen, um niemandem auf den sicher zu kurz gebundenen Schlips zu treten. Also los und ab dafür.

Die schmutzigen Details unserer ebenfalls mehr als verkorksten Mietwagenbuchung inklusive der ganzen hässlichen Einzelheiten lasse ich unter den Tisch fallen. Nur so viel: Das war auch Mist!

Wir beginnen also an dem schicksalhaften Tag der Übergabe respektive Übernahme dessen, was einst wohl mal ein stolzes Schiff gewesen sein mag. Das „Ding“ eben, welches die besseren Tage seiner Existenz weit hinter dem Horizont der Vernachlässigung zurück gelassen hat.
Wie Ihr sicher festgestellt habt, will mir die Bezeichnungen Boot oder gar Schiff nicht wirklich flüssig aus der Feder quellen. Das hat auch seine Gründe. Aber der Reihe nach.

Für den Moment, als wir das gemietete „Ding“ in Augenschein nehmen mussten, finde im Moment wirklich keine passenden Worte, um zu beschreiben, wie schockiert wir waren. Die ohnehin angespannte Stimmung nach den Erfahrungen mit dem Mietauto sank augenblicklich deutlich unter diejenige Grenze, ab der man die Schläge des Lebens noch mit Humor nehmen könnte.

Als erstes und augenfälligstes Merkmal des „Dings“ war der Umstand, dass es Schlagseite hatte. Und zwar nicht ein bisschen, sondern sehr. Die lapidare Aussage des Einweisers dazu war: »Naja, sinken wird es wohl nicht.« Dazu grinste er vielsagend. Beruhigend, nicht wahr?
Der übrige Zustand des „Dings“ war entsprechend: Ungepflegt, schmutzig, vernachlässigt und insgesamt schmuddelig und abgewohnt. Schwarzer Staub in allen Schränken, Gläser und Kochutensilien verschmutzt, Flecken und Beschädigungen, wohin das Auge blickt.

Der Einweiser stellte als erstes die Frage, ob wir schon einmal mit einem Mietboot auf dem Shannon unterwegs waren. Als wir diese Frage bejahten, erklärte er kurz, dass dann wohl eine weitere Einweisung überflüssig sei und wollte sich zum gehen wenden. Wir konnten ihn jedoch überreden, uns wenigstens einmal das „Ding“ zu erklären, was er dann auch in Rekordzeit erledigte. Irritierend dabei war, dass er uns immer wieder darauf hinwies, was wir alles an Filtern und weiteren Messständen zu kontrollieren hätten.
Eine weitere Kontrolle, ob alle Ausrüstungsgegenstände und Ausstattungsmerkmale ansonsten vollzählig an Bord wären, fehlte gänzlich und schien auch allen weiteren Mitarbeitern sch... äh herzlich egal zu sein.

Nach der ausgesucht knappen Erläuterung des „Dings“ wollte er sich dann wieder zum Gehen wenden, weil eine Probefahrt ja deswegen absolut unnötig sei, weil wir schon einmal den Shannon befahren hätten. Auch hier schritten wir beherzt ein und bestanden auf der Probefahrt, die uns dann auch missmutig zugebilligt wurde. Nach ungefähr fünf Minuten legten wir wieder an und der Einweiser verschwand auf Nimmerwiedersehen.
Zu diesem Zeitpunkt fehlten zur vollständigen Ausrüstung des „Dings“ noch das Beiboot, die Deckbestuhlung, ein Bootshaken und Motoröl, welches wir bitte mitnehmen sollten, um es gegebenenfalls nachzufüllen.

Der Bootshaken und das Beiboot wurden nach mehrmaliger Nachfrage irgendwann gebracht. Die Deckbestuhlung sollten wir uns selbst von einem anderen Boot holen. Das versprochene Öl hat uns leider trotz mehrfacher Nachfrage nie erreicht. Dennoch haben wir wie vom Einweiser geraten jeden Tag zweimal den Ölstand kontrolliert, wobei wir uns immer wieder fragten, was wir wohl anstellen sollten, wenn tatsächlich etwas Öl fehlen sollte. Margarine???
Diese improvisierte Art und Weise der Bootsübergabe passte und passt jedoch ins Bild des ungepflegten und stellenweise kaputten Zustandes des Bootes.

Ich wendete mich daraufhin an die Rezeption und bat höflich, uns vielleicht ein anderes Boot zuzuweisen, da wir mit dem angebotenen wirklich absolut unzufrieden wären. Wir boten auch an, ein kleineres und im Preis günstigeres Boot zu akzeptieren, wenn es sich denn in einem besseren Zustand befände. Uns war ernstlich unwohl bei dem Gedanken, auf diesem Boot unseren lange geplanten Urlaub zu verbringen.

Dies wurde jedoch in jeder Hinsicht abgelehnt mit der Begründung, dass alle weiteren Boote bereits vermietet wären. Wir hatten demnach keine Wahl, als unsere Reise mit dem uns angebotenen „Ding“ anzutreten. Offen gestanden wurde zu diesem Zeitpunkt schon verhandelt, die Reise abzubrechen und den Urlaub zu beenden. Wir entschieden jedoch, die Reise anzutreten und das beste aus der wirklich desolaten Situation zu machen.

Solltet Ihr bislang zu dem Urteil gekommen sein, dass ich in meinen Erwartungen schlicht zu hoch lag und das zwar sehr bedauerlich, jedoch nicht zu ändern sei, will ich im folgenden einiges auflisten, was alles an dem „Ding“ defekt war und / oder fehlte.

Das „Ding“ hatte Schlagseite. Ich möchte betonen, dass wir nicht von ein wenig oder ein bisschen sprechen, sondern von erheblich. So erheblich, dass wir während unserer Reise immer wieder von Schleusenwärten und anderen Bootsfahrern darauf angesprochen wurden. Auch der Mechaniker, der später noch Erwähnung finden wird, stellte das befremdet fest. So erheblich, das auf dem Tisch abgestellte leere Gläser wie von Geisterhand bewegt auf die Bordwand zuhielten.

Sämtliche Außenverschlüsse (Diesel- und Wassertank) waren nicht durch die sonst üblichen Ketten vor dem Überbordgehen gesichert. Diese waren einfach abgerissen und nicht ersetzt worden.

Die Verschlussdeckel der täglich zu kontrollierenden Filteranlage waren ebenfalls nicht durch eine Kette oder ähnliches gesichert. Aber das kennen wir ja... Es ist es uns tatsächlich zweimal passiert, dass zumindest einer der Deckel heruntergefallen ist. Der liegt dann natürlich unterhalb des Motorblockes. Ein lustiges Unterfangen diesen Deckel mit einem Bratenwender und einer Schöpfkelle wieder herauszubugsieren. Verschmutzte Kleidung inbegriffen. Wie einfach und simpel wäre es, hier eine Kette anzubringen?

Der Verschluss des Eingangs zum „Ding“ von der Flybridge aus fiel nach etwa einer Stunde Fahrt einfach ab. Ein kurzes klirrendes Poltern und der ganze Riegelmechanismus lag eine Treppe tiefer im Salon. Der Grund dafür wurde uns bei der Untersuchung des Objektes innerhalb von Sekunden klar. Die Schrauben zur Befestigung waren zum einen viel zu kurz und zum zweiten war das Gewinde, welches den Zweck hat, diese Schrauben in einer Art innigen Umarmung zu halten, schlicht nicht mehr vorhanden. Die Schrauben sind also schon wiederholte Male immer wieder mit Gewalt versucht worden in die Gewinde zu zwingen. Dass ein Gewinde da den Geist aufgibt, kann ich mehr als gut verstehen. Wäre ich da Gewinde, hätte ich sicher schon viel früher den Dienst quittiert.
Wie hat man sich also geholfen? Man stopfte einfach Pappe und Papier in das Gewinde. Dann die Schraube kräftig reingewrummelt und hoffen, dass der rotte Kahn weit genug von der Basis weg ist, wenn der Schließmechanismus auf den Salonboden plumpst. Dann kümmern sich die doofen Touristen selbst um den Mist.
Ich möchte an dieser Stelle ganz deutlich und klar festhalten, dass ich zu dieser Überzeugung gelangt bin, da dieses Problem ganz offenbar schon des öfteren aufgetaucht ist. Es wäre ein Leichtes gewesen, die zu kurzen Schrauben durch längere zu ersetzen. Stattdessen wurde einfach Pappe in die Löcher gestopft und gehofft, dass das hält.
Nun mögt Ihr Euch fragen, warum ich auf dieser Geschichte so überaus hartnäckig herumreite. Aus einem einfachen, aber entscheidenden Punkt. Dieser Schließmechanismus hat die Aufgabe, das „Ding“ vor Eindringen unbefugter Personen zu schützen. Wenn der nicht funktioniert, ist das „Ding“ faktisch unverschlossen und offen. Das wiederum hat zur simplen Folge, dass man die schwimmende Unterkunft nicht alleine lassen kann. Nicht, dass sich irgendjemand Sorgen machen müsste, dass der schräg im Wasser dümpelnde Haufen gestohlen werden könnte. Das nicht. Aber immerhin liegen ja sämtliche Gepäckstücke, Wertsachen etc. im „Ding“. Das wiederum führt zu zwei möglichen Alternativen.
Nummer eins: Man nehme alles Wertvolle inklusive Kameras, Laptops, Papiere und so weiter und so weiter immer mit, wenn man das „Ding“ verlässt. Eine Variante, die wir zweimal exerziert haben. Ich darf diese mal als ungefähr mittelkomisch bezeichnen. Es sieht schon merkwürdig aus, wenn die gesamte Crew abends essen geht und immer mit dem halben Hausstand im Restaurant anreist. Außerdem sitzt man immer mit einem einigermaßen beunruhigten Gefühl beim Essen und hofft, dass alles gut geht und man nicht bestohlen wird. Ich darf Euch verraten, dass die Freude, wenn dann alles gut gegangen ist, die vorhergehende Beunruhigung nicht aufzuwiegen vermag.

Nummer zwei: Eines der Crewmitglieder muss halt immer auf den Landgang verzichten, um auf den Mietkahn acht zu geben. Das haben wir dann des öfteren gemacht. Ging ja nicht anders, da sich die Tür nicht anderweitig verrammeln ließ.
Ihr merkt schon, es wurde zunehmend besser und die Stimmung an Bord ob all dieser Missstände erklomm fast stündlich neue Höhen. Immerhin mussten wir jetzt nicht mehr nachts um das Boot klettern und Gefahr laufen, in den Fluss zu fallen, wenn der Haupteingang nicht direkt landseitig war. Wir konnten das „Ding“ betreten durch welchen Eingang auch immer wir wollten. Entweder war ja jemand von uns an Bord oder wir schoben einfach die Tür zur Flybridge auf. Super!

Wenn wir schon gerade so schön bei unverschlossen sind. Die beiden hinteren Kabinen haben zwei deckelartige Belüftungsklappen, die im Falle von Gefahr sicher auch als Notausstieg dienen. Wenn man das „Ding“ verschließt, schiebt man diesen Luken einfach jeweils zwei Riegel vor. Aber nur dann, wenn da auch tatsächlich Riegel sind. Auf dem „Ding“ gibt es die nämlich nicht. Die sind abgebrochen und nicht mehr vorhanden. Der Rost an den Bruchstellen belegt, dass auch das nicht in der kürzeren Vergangenheit geschehen sein kann.
Diese wunderbare Feststellung konstatierten wir aber erst nach vier Tagen Fahrt, als das Wetter eine Lüftung der Räume mit geöffneten Deckeln zuließ.
Wir hatten jetzt zwei weitere Zugangswege ins Bootsinnere, die wir jederzeit benutzen konnten, weil sie ja eben unverschlossen waren und aller Wahrscheinlichkeit nach auch immer noch sind. Absolute Weltklasse!

Kommen wir zu einem weiteren Glanzlicht des „Dings“: der Motor. Ein technisches Wunderwerk, welches bei einer Reise auf dem Shannon einen nicht unerheblichen Einfluss auf Gedeih oder Verderb der Unternehmung nehmen kann. Unser Motor nahm Einfluss und zwar ganz erheblichen.
Wir hatten uns schon bei der wie bereits ausgeführt recht knackigen Einweisung gewundert, wieso und weshalb uns der ansonsten so wortkarge Einweiser im Detail erläuterte, welche Filteranlagen immer wieder zu kontrollieren seien, dass der Kühlwasserstand ebenfalls eine genaue Beachtung finden sollte und wie wir uns im Falle des plötzlichen Absterbens des Antriebsaggregates inklusive Notankerung zu verhalten hätten.

Den ersten Tag beschlossen wir gemütlich dümpelnd bei etwa 1.800 Umdrehungen pro Minute zu genießen. Wir hatten für diesen Tag keine lange Strecke geplant.
Die zweite Etappe war deutlich länger und deshalb fuhren wir eine Zeit lang unter maximaler Drehzahl (ca. 2.450 rpm), um noch die letzte Schleuse auf unserem geplanten Weg passieren zu können. Eine Zeit lang dürfen wir an dieser Stelle mit ca. 60 Minuten definieren. Nach Ablauf dieser Zeitspanne plärrten alle an Bord befindlichen Alarmsignale und der Motor erstarb. Plötzlich und ohne vorherige Warnung, bis auf die zeitgleich plärrenden Alarmsignale. Dass die scheinbar einwandfrei funktionierten, fasziniert mich bis zum heutigen Tag.

Aber zurück zum abgestorbenen Motor. Schrecken und Schock in allen Gesichtern. Ein manövrierunfähiges Boot an einer der eher engeren Stellen des Flusses. Gefahr auf Grund zu laufen. Was tun? Notankerung. Und so haben wir es dann auch getan. Wir stellten danach fest, dass der Motor vollkommen überhitzt war. Warum ist das nicht vorher aufgefallen? Es war ein schöner Tag und trocken, so dass sich die gesamte Crew natürlich an Deck befunden hat. Eine Temperaturanzeige ist aber nur innenbords. Außerdem hat wirklich niemand damit gerechnet, dass der Motor nach nur einer Stunde Fahrt völlig überhitzen könnte. Hätte man uns bei der Einweisung darauf hingewiesen, dass man den Motor nicht unter Vollast fahren darf, sondern nur bis zu einer gewissen Drehzahl, hätten wir uns schon da darauf einstellen können. Sicher hätten wir dann auf einem richtigen Boot bestanden, was sich wirklich und ohne jeden Zweifel in einem einwandfreien Zustand befunden hätte. Notfalls hätten wir den Urlaub abgebrochen! Was man dem Eigner des „Dings“ an dieser Stelle sicher guten Gewissens attestieren darf, ist eine eiserne Konsequenz in der unnachahmlich ignoranten Art, wie hier mit den Booten und deren Unterhaltung verfahren wird.
Doch zurück zu unserer augenscheinlichen Notsituation. Der nicht genannte Eigner gibt seinen Gästen ein Notrufhandy mit, damit diese sich in Situationen wie der, in der wir uns damals befanden, vertrauensvoll an die nächst gelegene Basis wenden können. Eine gute Idee, wie ich wirklich und aufrichtig finde. Ihr könnt sich aber sicher schon denken, was jetzt kommt. Die wundervolle Idee mit der mobilen Kommunikationseinheit führte sich selbst ad absurdum, weil es na-klar ebenfalls den Dienst versagte. Das Ausbleiben eines haltlosen Tobsuchtsanfalls haben wir alle nur meiner liebevollen Erziehung durch meine fürsorglichen Eltern zu verdanken, die mir immer Güte und Nachsicht mit den Fehlbarkeiten meiner Mitmenschen gelehrt haben und es auch immer noch tun.
Ich rief also die Basis mit meinem privaten Mobiltelefon an und hatte dort auch gleich einen freundlichen Anrufbeantworter am anderen Ende. Mit dem sprach ich diverse Male, einzig ein Rückruf bleib aus. Vermutlich probierten es die Mitarbeiter des Eigners auf dem von ihnen ausgegeben defekten Handy...
Wir warteten also vor Anker liegend ab, dass der Motor abkühle, kontrollierten alle Filter, verbrannten uns dabei am heißen Motorblock und übten uns hingebungsvoll im ungezügelten Umgang mit Fekal- und Toilettensprache. Ein weiterer zauberhafter Nachmittag voll der Freude eines lang ersehnten Urlaubes.

Später -nach Abkühlen des Motors- setzten wir unsere Reise dann eher dahinkriechend fort. Im übrigen waren alle Kühlwasserfilter frei, der Kühlwasserstand auf Höchstniveau und das Motoröl ebenso. Selbstredend verpassten wir die Schleuse und damit auch unser Tagesziel.
Den folgenden Abend verbrachten wir gemütlich in unserem schwimmenden Trümmerhaufen bei Diskussionen darüber, ob wir denn jetzt vielleicht die Reise abbrechen sollten und weiteren Exkursionen in das Reich der sprachlichen Grenzbereiche.

Am Morgen blieb der Anruf des Eigners weiterhin aus. Wir beschlossen darauf hin, die Basis von Waveline Cruisers anzulaufen, dort Diesel zu übernehmen und auch nach Hilfe bei dem Temperaturproblem unseres Aggregates zu ersuchen. Der Mitarbeiter dort riet uns, hartnäckig auf Abhilfe zu bestehen, da das plötzliche Absterben des Motors weder normal noch in irgendeiner Form gut ist. Vor allem dann nicht, wenn man sich mitten auf einem der größeren Seen befindet. Genau dort kann eine gewisse Motorleistung nämlich außerordentlich entscheidend sein. So seien die Boote nämlich auch eingestellt. Gedrosselt, um nicht zu schnell zu fahren, aber mit genug Leistung, um auf den großen Seen ausreichend Kraft zu haben. Dass ein derart gedrosselter Motor -wie in unserem Fall- überhaupt oder gar andauernd überhitzen könne, sei ihm absolut schleierhaft.

Erneuter Anruf beim Eigner. Und diesmal konnte ich tatsächlich mit jemandem persönlich sprechen. Die nette junge Dame sagte mir dann, dass man uns vergeblich versucht hatte, mehrere Male zu erreichen, wir aber wohl auch das mitgelieferte Handy ausgeschaltet hätten. Wäre das alles nicht so abscheulich grotesk gewesen, hätte ich da fast lachen wollen. Wie auch immer, man versprach, mich zurückzurufen und so warteten wir an der Marina von Waveline Cruisers auf Antwort. Wir tankten und übernahmen fataler Weise Wasser. Warum das fatal war, darauf kommen wir gleich.
Nach zwei Stunden Wartezeit und ohne Rückruf unternahm ich einen weiteren verzweifelten Versuch der Kontaktaufnahme. Man entschuldigte sich für den unterlassenen Rückruf, wisse aber auch nichts genaues, würde sich aber bestimmt melden. Irgendwann. Wenig später erschien dann auch ein Mechaniker von Waveline Cruisers, der erklärte, er solle die Sache im Auftrage reparieren. Beim Eintreten meinte er dann auch gleich schmunzelnd, dass wir ganz schön Schlagseite hätten. Ach, Quatsch! War uns noch gar nicht aufgefallen...
Der gute Mann erklärte etwas ratlos und entschuldigend, dass er sich weder mit diesem Bootstyp noch mit dem darin befindlichen Motor auskenne, aber gerne schauen wolle, ob er helfen könne. Machte er auch. Er war übrigens wie alle Mitarbeiter von Waveline Cruisers ausgesprochen hilfsbereit und verständnisvoll. Ihm war sofort klar, dass niemand in seinem Urlaub ständig das Boot kontrollieren will, um nicht in unmittelbare Gefahr zu geraten oder dauernd liegen zu bleiben. Ist ja auch nun wirklich nicht Sinn der Sache. Immerhin hatten wir für ein einwandfreies Boot bezahlt. Noch einmal meinen aufrichtigen und tief empfundenen Dank!

Der nette Mechaniker fand auch ein loses Kabel und befestigte es wieder in der Hoffnung, damit den Schaden behoben zu haben. Er erklärte, dass die auftretenden Probleme mit dem Temperaturfühler der Kühlanlage zusammenhängen könnten. Er testete anschließend den Motor und die entsprechende Temperaturentwicklung. Alles schien in Ordnung zu sein. Und jetzt kommt wieder die fatale Wasserübernahme ins Spiel. Unserer Warmwassertank war vor der Wasserübernahme leer, da wir die Wartezeit mit Duschen, Abwasch und Putzen der verdreckten Schränke verbracht hatten. Der Warmwassertank wird durch die Abwärme des Motors beheizt. In unserem Warmwassertank war nun jedoch nur kaltes Wasser. Während des Tests heizte der Motor also zunächst einmal unseren neu erworbenen Warmwasservorrat an und der Motor erfuhr dadurch eine durchaus ausreichende Kühlung. Diesen Rückschluss konnten wir aber erst ein wenig später ziehen.
In dem Moment als der Mechaniker uns erklärte, dass nun alles wieder einwandfrei funktionierte, brach tatsächlich so etwas wie gute Laune über uns herein. Ich hätte den Mann küssen können! In nahezu euphorischem Taumel beschlossen wir, die Reise nicht abzubrechen, die vergangenen Tage mit Humor zu nehmen und die verbleibenden Tage mit neuem Elan anzugehen.
Wie brachial diese zarte Knospe der Hoffnung eineinhalb Stunden später aus unseren Herzen gerissen wurde, hatte etwas von einem ziemlich üblen Verkehrsunfall. Mitten auf dem See plärrten wieder alle Sirenen. Der Motor war zu heiß. Wenigstens ist er an diesem sehr windigen Tag nicht ausgegangen. Wieder Panik an Bord. Flüche und Hasstiraden.
Was blieb uns übrig? Ich habe den Eigner informiert und wir haben den restlichen Urlaub nur mit der halben Motorleistung fortsetzen können. Dadurch mussten wir natürlich unsere gesamte vorherige Planung umwerfen und auf einige (viele) Punkte, die wir gern gesehen hätten, verzichten. Was ausgesprochen schade war und ist.
Aber selbst bei reduzierter Motordrehzahl drohte das Aggregat regelmäßig zu heiß zu werden. Wir mussten also zusätzlich zu dem abendlichen Wachdienst noch einen Motortemperaturwachdienst tagsüber einrichten. Ein toller Spaß!
Ich möchte übrigens nicht unerwähnt lassen, dass ich bei der Abgabe des „Dings“ unter allem anderen auch auf die Temperaturproblematik hinwies. Der zuständige Mitarbeiter schaute auf unsere Bootsnummer, verzog darauf resignierend das Gesicht und antwortete schulterzuckend: »I know...« Ich hätte kotzen können!

Es kommt leider noch mehr. Jedes Boot hat im Heck zwei Gasflaschen, die dazu dienen, den Herd und den Backofen zu versorgen. Eine ist angeschlossen, die andere dient als Reserve. Die Gasflaschen sind aus Sicherheitsgründen in einem Extra-Fach untergebracht. Sinnvollerweise ist die angeschlossene Gasflasche mit einem Auf-Zu-Schalter ausgerüstet. Wenn die Gasflasche nicht in Gebrauch ist, wird diese natürlich durch Betätigen des Schalter ausgeschaltet, damit nicht versehentlich Gas ausströmen und sich entzünden kann.
Bei der Abfahrt aus der Basis ließen wir den Einweiser die Flasche gleich auf »Aus« stellen, da wir für den Abend eh keine Verwendung für den Herd hatten. Am nächsten Morgen wollte ich dann Kaffee kochen und Frühstück bereiten. Dazu ist Gas notwendig, denn ohne Gas kein Feuer, ohne Feuer kein heißes Wasser, ohne heißes Wasser ist Kaffee echt eklig. Also Gasbuddel anstellen und Kaffee kochen. Nur leider war der Schalter an der Gasflasche nicht mehr da, wo er am vorigen Tag noch gewesen war. Der war schlicht weg. Nach einiger Sucherei fand ich ihn am Boden des Gasflaschen-Faches wieder. Dort lag er friedlich vor sich hin. Zusammen mit ungefähr fünf oder sechs kleinen Schalter-Kumpels von ihm, die wohl schon zuvor das gleiche Schicksal ereilt hatte. Sie waren nämlich allesamt abgebrochen. Aber warum bloß? Bei genauerer Betrachtung ließ sich eindeutig und ohne Zweifel feststellen, dass die verwendeten Gasbuddeln zu groß respektive zu hoch für das vorgesehene Fach waren und auch noch sind. Die Verkleidung im Bereich des Gasflaschenschalters war von innen durchlöchert und stellenweise ausgeschabt. Darin steckte noch ein Gasflaschenschalter.
Auch hier haben wir also wieder ein bekanntes Problem, welches sich konsequentester Missachtung unterwerfen muss. Wir haben mit Hilfe eines Mechanikers der Carrick-Craft Basis in Banagher den Schaden behoben und, um die Gasflaschen und die darauf befindlichen Schalter zu schützen, unseren Deckschrubber zweckentfremdet und als Abstandhalter unter die Klappe geschoben, damit diese nicht mehr auf die Gasflaschen knallen und wehr- und harmlose Schalter abbrechen kann.

Nur der Form halber: Der an Bord befindliche Kassettenspieler funktioniert selbstverständlich auch nicht. Außerdem sind in der hinteren Dusche die Markierungen für Warm-und Kaltwasser vertauscht. Beides ist nicht so wild, außer wenn man, so wie ich, morgens gerne kalt duscht und sich dabei schmerzhaft den Rücken verbrüht. Es gibt bessere Arten, den Tag zu beginnen, glaubt mir...

In diesem Sinne bedanke ich mich an dieser Stelle bei meinen Skipperkomplizen für einen dennoch phantastischen Urlaub! Auch, wenn alles im Ars... ähem... nicht wirklich funktionstüchtig war, hatten wir ausgesprochen viel Freude!

Liebe Grüße von der Waterkant und noch einen unanständig schönen Abend!

Euer Kaptein   ... und 'ne Buddel voll Rum! Jo-Ho!

« Letzte Änderung: 28.10.2005, 21:02 von Kaptein »

Schade das Kaptein nicht mehr aktiv ist hier..
« Letzte Änderung: 22.03.2015, 09:49 von KarlHwrede »

Offline odet

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Re: Darf nicht im Archiv versauern....
« Antwort #1 am: 22.03.2015, 18:24 »
Ich glaub ich kann erahnen um welchen Verleiher es sich hier gehandelt. Ist schon länger Pleite und fing mit T an ?
Wir hatten 2000 eine Kahn von denen und die waren da schon reichlich abgewanzt. Schwer vorstellbar, wie die 5 Jagre später aussahen.

odet

KarlHwrede

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Re: Darf nicht im Archiv versauern....
« Antwort #2 am: 22.03.2015, 18:55 »
Ne, odet...
Mir gehts nur um die wirklich super geschrieben Geschichte, Vermieter ist doch egal, ist ja von 2005 !! und daher heute nicht mehr heranzuziehen

Offline ukmueller

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Re: Darf nicht im Archiv versauern....
« Antwort #3 am: 22.03.2015, 20:14 »
Hier naeheres in einem Zitat des Verfassers.
Uve


http://www.shannon-forum.de/index.php?topic=2590.msg16263#msg16263
....and may I die in Ireland.

Offline Norbi

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Re: Darf nicht im Archiv versauern....
« Antwort #4 am: 22.03.2015, 20:42 »
Uns ist es mal fast ähnlich ergangen mit einem solchen kaputten Kahn.
Wir hatten mit 6 Mann ein Boot übernommen und als Käpt'n am Anfang den mit der grössten Erfahrung rangelassen.
Er fährt schon seit seinem 18. Lebensjahr Motorboote auf Rhein - Mosel - Lahn und hatte somit schon ca. 25 Jahre Erfahrung.
Es war unser zweiter gemeinsamer Bootsurlaub auf dem Shannon, weshalb es auch keine Einweisungsfahrt gab, sonst wäre das "Übel" bereits aufgefallen.

Unser erfahrener Kapitän hat uns in Schlangenlinien aus dem Kanal in Portumna heraus geschippert, was ihm natürlich gehörigen Spott eingebracht hat, denn wir hatten noch keinen Schluck zu uns genommen -  ehrlich !
Als wir es dann doch noch "in freies Wasser" geschafft haben und er hat Gas gegeben, hat die ganze Karre vibriert, dass die Zähne geklappert haben.
Wir sind dann zurück und haben das Boot aus dem Wasser heben lassen.
Die Antriebswelle war verbogen, wahrscheinlich auch die Schraube beschädigt.
Man hat uns dann anstandslos ein anderes Boot gleichen Typs gegeben; das war dann in Ordnung für uns, bis halt auf die Umstände, alle Klamotten von 6 Personen wieder raus, ins andere Boot rein usw., aber das war ja machbar.

Aber damit ist die Geschichte noch nicht ganz zu Ende.
Am nächsten Abend, wir lagen im Lough Derg am Anleger von Rossmore, kommt ein Boot in Schlangenlinien von weit sichtbar eingelaufen.
Es handelte sich um eine Gruppe aus Frankreich, denen man die Kiste angedreht hatte.


LG
Norbert