Hallo,
Nach langer Zeit wieder mal eine .......
Buchbesprechung
Philipp Schlosser, „Ohne die Anderen“
Untertitel: „Logbuch eines Abenteurers“
Taschenbuch, 268 Seiten, 15,99 € korrigiert: 14,99 Euro
1. Aufl. 2015 , Norderstedt, Books On Demand
ISBN 978-3-7386-2180-0
Zusammenfassung: Der Autor beschließt, nachdem er vom „Irlandvirus“ befallen worden ist, mangels geeigneter Begleitung alleine Bootsurlaub in Irland zu machen. Da offiziell mindestens 2 Personen auf einem Charterboot sein müssen, spiegelt er gegenüber dem Vermieter reichlich Bootserfahrung vor, ohne jemals ein Boot gesteuert zu haben.
Daraus ergeben sich einige Schwierigkeiten auf der Reise, auf der er allerhand unterhaltsames „Irisches“ nebst schöner Landschaft erlebt.
Vorab etwas, was nicht direkt zum Buch gehört:
Würde man mich fragen, welche Routen sich bei wenig Erfahrung, auch bei größerer Crew,
und erst recht nicht bei Einmannbesatzung, keinesfalls für den Anfang eignen, würde ich nennen:
Barrow (Flußstrecke)
Lower Loch Erne, Broad Loch, vor allem die Südseite.
Genau die letztere hat sich der Autor für seine Jungfernfahrt ausgesucht. Damit sind wir bei der Crux
seiner Vorspiegelung falscher Tatsachen: Der Vermieter geht davon aus, dass der Skipper die Gefahren kennt.
Wer das Geschehen auf irischen Wasserwegen ein Vierteljahrhundert mitverfolgt, weiß, dass es sehr wohl
Unfälle, auch tödliche, gegeben hat. Nun kann man entgegenhalten, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist.
Falsch. Es geht auch um die Rettungskräfte, die sich wegen dem Skipper ggf. in Gefahr begeben müssen.
So gibt es für mich hier keinen Mut zu bewundern. Der Mutige begibt sich nur in Gefahren, die ihm bewußt sind,
und die er abschätzen kann. Das andere heißt Leichtsinn.
Aber nun zum Buch
Nicht ohne Symbolwert durchfährt auf dem Umschlag ein Bötchen mit (Republik-) irischer Flagge nordirische Gewässer an der falschen Seite des Markers.
Ein dickes Lob verdienen die abgebildeten Kartenausschnitte, anhand derer man die Reise nachvollziehen kann. Das ist beispielhaft.
Schon auf den ersten Seiten passiert dem Autor das, was ihm wohl die meisten in diesem Forum nachfühlen können und ihn sympathisch macht: Er wird unheilbar vom Irlandvirus infiziert.
Unheilbar? Nun, zumindest linderbar durch einen Bootsurlaub im Gelobten Land. Gedacht, getan - wäre da nicht die unselige Regelung mit der Mindestbesatzung von zwei Mann. „Mann“ nimmt der Autor wörtlich, denn er zieht Schwager oder Bruder in Betracht, die aber beide verhindert sind. Denn,
„Keine Frauen. Kein Gemecker. Keine Meinungsverschiedenheiten.“
Aus eigener leidvoller Erfahrung kann ich sagen, so kann es sein. Aber so positiv, wie der Autor seine Lene beschreibt, hätte ich es mit der Frau doch mal für die 10 Tage versucht. Na gut, seine Entscheidung.
Romane, erst recht solche, die von Irland handeln, erzählen nicht „geradeaus“ wie ein Sachbuch. Wenn nun selbst ein poetisch begabter Mensch wie Panta Rhei urteilt:
teilweise auch ein wenig langatmig und zu minutiös beschrieben.
so muß das seinen Grund haben. Ich versuche zu präzisieren.
Bis Seite 71 geht es nur um Überlegungen, Diskussionen, Beschlüsse. Das war auch mir zu lang.
Und wenn der Firmenkaffee so schrecklich ist, dass das trotz Reisevorfreuden mehrfach erwähnt werden muss, so sei dem Autor ein guter Rat zuteil: Ein Wechsel. Entweder des Getränks oder der Firma.
Auch der Preis des Tagesmenüs (wen es wirklich interessiert: 3,10 Euro) und andere Kantinengeschichten führen nicht zur eigentlichen Story hin.
Ab Seite 72 kommt der Autor langsam in die Gänge, auch vermag der Leser (*) leichter (und lieber) zu folgen, weil er seine Erlebniswelt wiederfindet.
(*) „Leser“ bedeutet hier immer „Leser und Leserinnen“Immer wieder aber verwendet der Autor verbale Chiffren, die sich wohl nur Leuten mit exzessivem Fernsehkonsum erschließen. Den Batmanriddler und noch ein paar habe ich ergoogelt, aber dann wurde es mir zu dumm. So weiß ich bis heute nicht, wer „Wilson“ aus „Cast Away“ ist, und es ist mir, offen gestanden, auch egal. Mit Vorsilbe.
Dasselbe gilt auch für jede mit buchhalterischer Gewissenhaftigkeit aufgezählte Zigarette, die sich der Autor anzündet. Ich hätte eine Strichliste machen können, verspürte aber keine Lust dazu. Eher einen Nutzwert hat die minutiöse Erwähnung aller WLAN - Hotspots auf der Tour.
Kommen wir zu den angenehmen Seiten. Zuvor aber noch ein Tipp an den Autor: Bei einem durchaus denkbaren Folgeband (vielleicht doch mit Lene?) sollte er seine Beschreibungen nochmal mit der Karte abgleichen. Crom Castle befindet sich auf einer Insel und hat einen Hafen vor dem Besucherzentrum ? Ja, der Wasserstand war mal höher bis zur Absenkung vor einem Dreivierteljahrhundert. Aber so viel höher stand das Wasser damals auch nicht.
Ansonsten nimmt der Autor von Seite 72 bis 266 auf eine Reise mit, die dem Leser vortrefflich helfen, die irlandlose Zeit auf vergnügliche Weise zu überbrücken. Irgendwelche Schadenfreude über Pannen kann diskret im stillen Kämmerlein ausgelebt werden, aber nicht nur das: Der Leser findet einen weiteren Verbündeten in der Faszination, die die irische Landschaft ausübt. Ebenso die vielen kleinen Begegnungen mit den Iren- wer könnte da nicht ein Buch darüber schreiben. Der Autor hat es getan, und das ist gut so. In all der Beschreibung des Bord“alltags“ fühlt sich der Leser oft an den eigenen Urlaub erinnert.
Witzige Begebenheiten finden angemessenen Platz, sind vielleicht auch ein klein wenig „literarisch überhöht“. Man könnte vermuten, dass sich der Autor mit dem Irlandvirus auch etwas mit echter Storytelling-Tradition infiziert hat. Und das ist unbestritten altes irisches Kulturgut.
Und noch etwas: Ohne jede Süffisanz- die beschriebenen Pannen machen das Buch für Anfänger durchaus lehrreich (sicher auch für den Autor). Das gilt auch für die Begegnung mit den fünf Iren in Enniskillen. Auch in unserem lieben Irland gibt es Idioten (wie in jedem anderen Land der Erde auch). Von diesen sollte man sich fernhalten, sonst gibt es ein böses Erwachen. Mehr wird nicht verraten- selber lesen!
bádoir