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Autor Thema: Green Farm Festival (2/2)  (Gelesen 7521 mal)

Offline bádoir

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Green Farm Festival (2/2)
« am: 02.07.2018, 16:52 »
Fortsetzung von Green Farm Festival 2018 (1/2)

Aber nun zur Musik:

DIFFERENT SKIES

Internationales Trio, das solide Irische Musik macht. Interessante Abwechslung: Statt einem Bodhran kommt eine Djembe zum Einsatz. (09) Die klingt deutlich anders, volltönender, hat aber eine ähnliche Klangvielfalt. Ein interessantes Experiment. Sollte auch in Irland mal versucht werden.

BREAKING STRINGS

Weil wir gerade bei -für Irish Trad- unkonventionellen Instrumenten sind: Um die im Bandnamen verewigte Gefahr zu minimieren, kommt bei dem deutschen Quartett ein Synthesizer zum Einsatz. (10) Trotzdem kann auch dieser Gruppe solider Irish Folk bestätigt werden.

TEXU

Über Borja Baragano und Brian Haitz war ich 2016 ja schon voll des Lobes. Erwartungsvoll begab ich mich also rechtzeitig vor die Bühne. Doch was ist das? In der Mitte wird ein optisch beherrschendes, opulent ausgestattetes Schlagzeug aufgebaut. (11) Wenn das mal gut geht........
Es ging nicht gut.
Das ohnehin etwas zweifelhafte Setup nahm der ansonsten ordentlich arbeitende Tontechniker zum Anlaß, die  traditionelle Musik als Discoversion abzumischen. Und zwar dergestalt, dass neben der alles beherrschenden "Schießbude" Borja Baragano fast nicht zu hören war. Dessen Aufforderung, den Schlagzeugpegel zurückzunehmen, hatte kaum Wirkung. Obendrein brachte es der Tonmeister fertig, der ganz normalen, sechssaitigen Gitarre von Brian Haitz, noch dazu mit Kapo im 6. Bund, dröhnend wummernde Pseudobässe zu entlocken. Eine eindrucksvolle Demonstration, was die verwendete Konsole (Yamaha TF3) an Manipulation hergibt bzw. anrichten kann.

An nächsten Tag kam die Erleuchtung, als ich das Tshirt des Tonmeisters sah: (12) Ein AC/DC - Fan, der auf die zarten Töne von Borja Baragano  losgelassen wurde. Alles klar und verziehen.  ;D


KIERAN HALPIN (13)

Wer auf CD-Booklets auch das Kleingedruckte liest, ist sicher schon auf den Namen Kieran Halpin gestoßen. Als Songwriter hat er schon vielen Größen der Irischen Szene den Stoff geliefert. Hier trat er höchstpersönlich auf, und ich war zutiefst beeindruckt. Was kraftvollen, druckvollen Gesang anbetrifft, wird Luke Kelly wohl unübertroffen bleiben, doch Kieran Halpin kam bei einem Song schon sehr in die Nähe: Grandios das Antikriegslied "Ben Parkinsons Friends". Man meinte, der gute Luke ist wiederauferstanden- zumindest in dem Sinne, wie es dieser in "Joe Hill" besungen hat.
Darüber hinaus überzeugte Kieran Halpin auch durch in einwandfreiem Deutsch vorgetragene Kostproben irischen Storytellings. Kurzum, alleine dieser Auftritt war den Eintritt locker wert.


BARLEY BOYS
Auch wenn Brian Haitz als Halbire das einzig irische Element der drei Musiker ist, spielen sie besten Irish Folk, als wären sie in Irland aufgewachsen. Nur an den unbeholfenen Ansagen müssen sie noch feilen. Etwas mehr irische Beredtsamkeit bitte, Jungs!


BROOM BEZZUMS

Auweh, dachte ich mir, als neben Andrew Cadie Mark Bloomer (der Texu-Schlagzeuger) auftauchte. Doch er kann auch anders. Die beiden waren Spitze. Oft versuchen Interpreten ja, eine Kurzfassung der Standardtexte voranzustellen (Enttäuschte Liebhaber, die sich aus dem Erdgeschoßfenster stürzen usw.), aber hier wurden wirklich anspruchsvolle Texte vorab erklärt. So auch in dem eindrucksvollen Song "Fishing In Troubled Waters", der dem edlen Sproß der Eisernen Lady, Mark Thatcher, gewidmet ist. Ja, Antikriegslieder haben wieder Konjunktur...........

T4U

Nach Eigenauskunft im Programm "Irish, Evergreens and Compositions Pure Live Musik". So geschehen. Routiniertes Spiel mit bemerkenswerter Ausdauer;  Irisch zum Schluß zu etwas wenig, aber auch in den Pubs im Gelobten Land wird ja auch oft Internationales gespielt.


LISA FITZEK

Nicht hoch genug gelobt werden kann die Intention der Veranstalter, auch Nachwuchskünstlern eine Bühne zu bieten. So auch Lisa Fitzek, die mit ihrem Bruder am Kontrabaß auftrat. (14) Eine interessante Kombination. Irischer Bezug war nicht nur durch ihr grünes Kleid und die grüne Gitarre hergestellt, sondern auch durch den unbefangenen, ungekünstelten Auftritt, wie er in einem Pub in Irland hätte stattfinden können. Weiter so, Lisa!


TANZGRUPPEN

Meinem Lob von 2016 ist nichts hinzuzufügen; sogar eine Menge neuer Choreografien war dabei. (15) Heuer holte ich auch die Waltzing Mathildas nach, um zu sehen, was "Australian Bushdances" sind. Aus Laiensicht  ist es eine Art vereinfachter Squaredance. Nach einigen Vorführungen durfte das Publikum ran. Da der Caller die versteckten Ansagen aus der Konserve laut übertönte, wussten nach einem Übungslauf fast alle, welche Figuren zu tanzen waren. Das "Fast" war natürlich die Würze, die Leute hatten einen Heidenspaß, und die Zuschauer auch.
 


PAUL DALY BAND (16)

Der krönende Abschluß. Gut wie immer. Zwei besondere Erwähnungen: Paul (der mit dem Pub in Erding) entwickelt sich stimmlich immer weiter; er war in Höchstform. Die Art, wie Phil Newton den Baß spielt- total laid back und trotzdem musikalisch hochpräsent, verrät einfach Klasse. Nach gefühlvollen Balladen gab es zum Schluß hin allerhand "Mitklatschdingsbums" (Wortschöpfung von Kieran Halpin am Samstag). Die Stimmung war großartig, sogar einige Tänzer/innen wagten sich vor die Bühne. Unvergessen das Ehepaar um die 60, wo er seine Frau im Rollstuhl vorschob, dann heraushalf und so gut es ging (und es ging!) mit ihr tanzte. Hätte es noch eines Beweises für die Super-Stimmung bedurft- das war er.

So endete ein wunderbares irisches Wochenende. Eine Besucherin meinte, das war so gut wie 2 Tage Irlandurlaub. Ich würde sogar noch ein paar Tage zugeben.

Auf jeden Fall lohnt sich der Besuch. Nächstes Jahr kündige ich das Festival auch früher an.

Versprochen.

Grüße,
bádoir



« Letzte Änderung: 04.07.2018, 08:06 von bádoir »