Hallo Skippers und -innen!
Schon ein paarmal wurde ich gefragt, welche körperlichen Voraussetzungen man
für einen Urlaub auf dem Schiff, besonders bei Bargen, mitbringen muß. Beden-
ken gibt es vor allem im Hinblick auf die Übersicht, das Anlegen und die
Schleusen- hier besonders die handbedienten.
Na, dann gehen wir die Sache mal an:
Körpergröße und VoraussichtDie Frage nach der Körpergröße ist einfach zu beantworten: Bei der Bargenbau-
art ist die Höhe der Aufbauten maximal 1,30 Meter über der Plicht, also der Ebe-
ne, auf der man steht. Das heißt, über 1,40 Meter Körpergröße kann man dar-
über hinwegsehen, mit 1,50 hat man schon den vollen Überblick. Das vordere
Ende sieht bei einer Barge auch ein Zweimetermensch nicht richtig, das ist
immer eine Frage von Augenmaß und Gefühl. Beim Anlegen wird man immer zur
Seite hinausschauen, da ist Körpergröße ohnehin uninteressant.
(Mit dieser Körpergröße wird man auch auf Schiffen konventioneller Bauart
auskommen. Hier wird der Sitz halt, notfalls unter Zuhilfenahme einiger Kis-
sen, höhergestellt. Pedale am Boden gilt es ja nicht zu erreichen. )Kurze Beine sind auch kein Hindernis, wenn es an Land geht. Denn Seemann und
Seefrau springen niemals an Land, sie SCHREITEN an Land. Alles andere ist ein
Indiz für ein vermurkstes Anlegemanöver. Das macht man lieber nochmal- das
wirkt um Klassen souveräner, als wenn jemand ins Wasser fällt!
Körpergröße und TillerhöheAnders als Schiffe konventioneller Bauart haben die Bargen fast alle
kein "Steuerrad", sondern einen Hebel, der direkt am Steuerruder befestigt
ist, den Tiller. Etwas Beachtung verdient die Höhe des Griffs.
Der befindet sich in Höhen zwischen 1 Meter und 1,30 m.
Vorteil der niedrigen Variante: Auf normaler Fahrt kann man sich lässig mit
dem Rücken an das Griffende lehnen und so kleine Korrekturen vornehmen.
Nachteil: Stößt man beim Anlegen / Rückwärtsfahren mit dem Ruder an einem
Hindernis an und geht der Tiller in Vollausschlag, kann man wird zwischen
Tillergriff und Reling eingeklemmt werden, wenn man an der falschen Seite
steht.
Abraten würde ich auf jeden Fall von irgendwelchen Unterlagen, Schemeln usw.
zum Draufstehen. Da tritt man eines Tages daneben, stolpert und fällt hart und/oder naß.
Kräfte am TillerGibt man Vollgas, so wirken durchaus bemerkenswerte Kräfte auf den Tiller,
wenn er stark eingeschlagen ist. Die Kräfte sind zwar beherrschbar, doch
sollte man darauf eingestellt sein.
Vollgas bei voll eingeschlagenem Tiller ist ohnehin nicht sinnvoll - mit einer
Ausnahme allerdings: Will man beim Ablegen das Heck frei bekommen, ist
ein kurzer Gasstoß bei voll zum Land ausgelegtem Ruder die einfachste Metho-
de, aber da kann man ja auch, wenn auch unelegant, die Bootstange zu Hilfe
nehmen.
Damit sind wir schon beim Thema Körperkräfte.Das wird immer etwas überschätzt.
Ich erinnere an die alte Weisheit, warum Dinosaurier ausgestorben sind:
V i e l K r a f t , w e n i g H i r n .
Also setzen wir das Hirn ein. Das vergessen manche Bootsurlauber, z.B. jene,
die ein Schiff beim Anlegen mit der Leine mit aller Macht an Land ziehen, so,
als gälte es, die Olympiade beim Tauziehen zu gewinnen. Schon mal beobachtet?
Das ist Quatsch.
Wasser mag nämlich keine Hektik.
Was heißt das?
Habt ihr schon mal versucht, in einem See bei 1 Meter Wassertiefe zu joggen?
Was an Land leicht geht, wird im Wasser zum Kraftakt. Und, das ist das
Wichtigste: Selbst bei größter Kraftanstrengung kommt man nicht viel
schneller voran, als jemand, der lässig ins Wasser spaziert.
Physikalisch hängt das mit der höheren Dichte des Wassers zusammen und der
Aufweitung des Wirkquerschnitts beim Übergang von laminarer zu turbulenter
Strömung.....

.... ach, lassen wir´s......

Wichtig ist, was das für die Skipperpraxis heißt: Daß überall, wo etwas durch
das Wasser bewegt wird, keine Hektik angesagt ist, weil es bloß Kraftver-
schwendung bedeutet. Und nicht ganz nebenbei: Das gilt auch für den Gashebel!
AnlegenGilt es also, bei Windstille ein Boot zum Anlieger zu ziehen, so laßt getrost
eine Hand in der Hosentasche und zieht nicht stärker an der Leine, als wenn
ein mittelgroßer Dackel am Ende wäre. Im Endergebnis geht das genau so
schnell, als wenn Herkules am Werk wäre. Denn das Boot vom Herkules beschleu-
nigt letztendlich kurz vor dem Kai doch noch, prallt ab- und das Spielchen
mit dem Gezerre beginnt von neuem. Da habt ihr schon längst festgemacht.
Etwas mehr Kraft ist gefragt, wenn es gilt, das Boot gegen den Wind oder
gegen den Strom an den Anleger zu ziehen .
(Es sei nicht verschwiegen, daß die Dinosaurier die Erde eine Zeitlang recht erfolgreich besiedelt haben). 
Aber auch hier gibt es einen Trick:
Man zieht in diesem Fall nicht an der ganzen geraden Länge der Leine, sondern
umschlingt erst einen Poller (bzw. eine Klampe, wenn man von Bord aus zieht).
Dann kann man portionsweise am gespannten Ende der Leine ziehen, und mit dem
freien Ende nachholen. Die Bremswirkung des Pollers oder der Klampe verhin-
dert dann, daß die mühsam gewonnenen Zentimeter wieder verloren gehen. So
kommt man nach und nach auch ans Ziel.
Ist die Heckklampe wenigstens eineinhalb Meter vor der Schraube angebracht,
kann der Steuermann dank des Hebelgesetzes wirkungsvoll nachhelfen: Ist das
Boot an dieser Heckklampe schon festgemacht, hilft mäßiges Gasgeben (Ruder
geradeaus), den Bug an den Anleger zu drücken.
Auch wenn man das Boot erst am Bug festgemacht hat, kann man das Heck mit
Motorkraft an den Anleger schwenken. Auch hier nur wenig Gas geben, hier aber
den Propellerstrom mit dem Ruder Richtung freies Wasser lenken.
Hier machen aber viele den Fehler, die Bugleine zu kurz zu nehmen, und geben
frustriert auf.
Das Geheimnis: Die Bugleine muß Spiel haben, und zwar nicht weniger als es
der größten Breite des Schiffs entspricht. Die sollte man vorher mal mit
der Leine abgreifen, daß man dann ein Gefühl für die nötige Länge hat. Oft
wird die "Gallionsfigur" erst mal den Poller mit kurzer Leine
einfangen, aber dann muß man wieder entsprechend Länge zugeben.
Viele Tipps zum Anlegen findet ihr auch unter Barrow-Tipps, Teil 8
http://www.shannon-forum.de/index.php?topic=2103.msg15026;topicseen#msg15026(Sorry, wenn ich mich selber zitiere, aber ich bin manchmal auch schreibfaul
Hydraulisch bediente Schleusen: (B&B-Canal = SEW)
Es geht zwar das Gerücht, daß man den Knopf für die Schütze zum Wassereinlaß
immer drücken soll, bis sie ganz offen sind, aber ich persönlich habe noch
nie Probleme damit gehabt, sie erst teilweise zu öffnen. Dann wirken
nämlich nicht so große Kräfte auf das Boot ein- und damit auch auf den/die
Leinenhalter(in). Größere Stahlschiffe ab der 40-Fuß- Klasse können auch nur
mit Maschinenkraft in der Schleuse gehalten werden, aber dazu bedarf es,
besonders beim Aufwärtsschleusen, schon einiges an Übung.
Handbediente Schleusen Mit Schleusenwärter......Ein (teilweise) kräftesparender Trick ist, auf den Schleusenwärter zu warten.
Dann muß man nur wissen, daß beim Aufwärtsschleusen am Bug höhere Zugkräfte
auftreten als am Heck und die Rollen entsprechend einteilen.
ABER: Schleusenwärter sind rar. Anders als in den Glanzzeiten der
kommerziellen Schiffahrt sitzt nicht an jeder Schleuse einer; sie sind nun
für mehrere, zum Teil weit auseinanderliegende Schleusen zuständig.
Das bedeutet Wartezeiten. In der Hauptsaison, weil sich der Schleusenwärter
nicht teilen kann, und in der Nebensaison, weil er dann mit anderen Arbeiten
(Wartung, Reparatur) beschäftigt ist.
Dann ist das Schleusen mit Wärter, wie angedeutet, nur teilweise
kräftesparend. Denn der Schleusenwärter will und muß schnell fertig werden
und läßt das Wasser volles Rohr in die Schleuse mit entsprechenden Zugkräften
an den Halteleinen. Auch wird es nicht immer in die Tagesplanung passen, eine
Stunde oder mehr zu warten, denn irgendwann läuft einem der Kaffee zu den
Ohren raus, und weit kann man sich beim Landgang vom Schiff auch nicht ent-
fernen.
........und ohneDeshalb habe ich unter
http://www.shannon-forum.de/index.php?topic=2456.0 mal ganz detailliert den Schleusenvorgang mit mög-
lichen Problemen beschrieben. Das sieht auf ersten Blick kompliziert aus, ist
aber bald in Fleisch und Blut übergegangen. Vor allem kommt man mit minimalen
Haltekräften aus, und es ist allemal schneller, als auf den Schleusenwärter
zu warten.
Auch bei dem Schwenken der Tore gilt: Keine Hektik! Lässig gegen den
Betätigungsbalken gelehnt, geht es ganau so schnell; das Wasser braucht
einfach Zeit, um auszuweichen.
Wenn das Tor nicht aufgehen will, ist meist der Ausgleich der Wasserstände
noch nicht erreicht. Da geht es um wenige Zentimeter; bei exaktem Ausgleich
geht das Tor meist von selbst schon einen Spalt weit auf.
Die Kurbelei an den Schützen kann manchmal Kummer bereiten. Das geht schon
schwerer, und man neigt dazu, sich mit ganzem Körpergewicht auf die Kurbel zu
stemmen. Macht das NIEMALS! Die Kurbel kann vom ausgeleierten Zapfen
abrutschen, die Zahnstange kann Zahnausfall haben (dann dreht die Kurbel leer
durch)- und man landet höchst unsanft im Wasser.
Also 1. immer gut mit einem Arm festhalten und
2. die Kurbel immer so umstecken, daß man sie zu sich heraufzieht
Zum Trost: Wenn die Klappe des Schützes erst mal aus ihrem unteren Sitz
herausgekommen ist (nach etwa einer viertel bis halben Umdrehung), geht es
leichter.
Wenn der Wasserdruck bei halbvoller Schleusenkammer erst mal nachgelassen
hat, geht es wiederum leichter. Also macht es keinen Sinn, die Schütze sofort
ganz zu öffnen- das kostet sowohl Schleusenwärter (in) als auch Leinenhalter
(in) nur unnötig Kraft.
Womit wir wieder beim Dinosaurier-Gesetz wären:Gelassenheit und Überlegung sind wichtiger als Körperkräfte. Und mit einem
bißchen Nachdenken kann man auch meist vermeiden, in kräftezehrende
Situationen zu kommen: Also Anlegen gegen starken Wind vermeiden, keine
Vollgasmanöver beim Anlegen, bei Strömung die richtige Reihenfolge der
Festmacher beachten ........
Kurzum, vorausschauend handeln.
Dann bleibt mir nur noch zu wünschen:
Gute Fahrt!
bádoir