Shannon-Forum

Autor Thema: Windgeschwindigkeit  (Gelesen 28113 mal)

Offline PietB

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Windgeschwindigkeit
« am: 26.02.2014, 07:37 »
Hallo liebe Irlandprofis ,


da unsere Reise zum Erne immer näher rückt , schau ich mir natürlich täglich
die Wetter und Windverhältnisse an.
Da steht dann Wind aus Südwest mit 57 km/h in Böen bis zB. 65 km/h oder so
ähnlich .
Wir planen zuerst in den Norden zu fahren dh. Lower Erne , wer hat da schon Erfahrungen
gesammelt und weiß bis wieviel Windspeed wir auf dem großen Teich rumfahren können .
Ich denke mal mit einer Inver Queen lassen sich 4-5 mtr. Wellen ausreiten , hab aber bei
dem Spruch einen Nackenschlag meiner Frau erhalten und bin jetzt natürlich bedacht
die Sache etwas ruhiger anzugehen . ;D

Viele Grüße aus der Eifel

Offline Herbert47

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #1 am: 26.02.2014, 08:51 »
Na Bravo!
Wellen mit 4-5m locker aushalten. Hatte mal Wellen mit 2m von Tully Castle Richtung Enniskillen. Die kleinen Nummern auf den Markern nicht mehr lesen können mit dem Fernglas und Wellen übers Boot darüber. Obwohl wir damals eine "hartgesottene" Männertruppe waren, bleib ich beim nächsten Mal in der Bucht und fahre erst ab 20:00 Uhr (da hört erfahrungsgemäß der ärgste Wind auf) das Stück nach Enniskillen.
Also lass die 4-5m nicht deine Angetraute hören. ;D

PS: Wir hatten damals noch keine Navionocs GPS-Karten mit Tablett zur Verfügung. Damit behältst du zwar die Orientierung, aber die Wellen werden auch nicht kleiner.
LG
Herbert aus NÖ

Offline bádoir

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #2 am: 26.02.2014, 09:15 »
Ich denke mal mit einer Inver Queen lassen sich 4-5 mtr. Wellen ausreiten

Locker.
1 m Seemannsgarn besteht ja auch nur aus 10 cm.   ;)

Gut gemeinter Tipp:  Für meine erste Bootstour würde ich Lower Lough Erne höchstens bis zur Höhe Manor House Marina befahren.

Grüße,
bádoir

Offline heiko p.

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #3 am: 26.02.2014, 10:36 »
Der Lower Erne macht ab Wellenhöhe von 1 m keinen Spaß mehr!
Wenn man die Wellen im rechten Winkel anfahren kann, verkraftet das Boot das locker, aber du musst sicherlich kreuzen und dann fängt das Rollen an und das ist echt sch...
Alles was über 4 Bft ist (ca. 20 bis 28 Km/h) ist auch normalerweise im Chartervertrag ausgeschlossen. Spätestens ab 5 Bft bleibt man wirklich besser drin.
http://www.thw-hamburg-nord.de/info/bft.htm

Neben dem Fahren und Navigieren, geht's dann auch ums Anlegen. Kann mich leider noch gut erinnern, dass wir in Enniskillen fast nicht aus der Jetty am Supermarket rausgekommen wären, weil uns der Wind permanent gegen den Steg gedrückt hat (die Macke kostete nachher 100 Euro  :( ).
Aber wie auch schon gesagt, ggf. bleibt man bis zum Abend am Steg, geht Essen oder ins Pub, und macht den Sprung über die offenen Flächen wenn der Wind nachlässt (meist so gegen 18:00 bis 20.00 - und im Sommer ist es ja bis 22.00 meist hell genug).

Tipps: Im Hafen oder auf dem Fluss, wo es eben windgeschützt ist, kann man manchmal die Windstärke nicht richtig einschätzen. Wenn einem beim Ausfahren aufs offene Wasser viele weiße Schaumkronen entgegen kommen, bleibt man besser drin.
Und bei Wind die Peilung nach hinten nicht vergessen, sonst drückt einen der Wind unbemerkt in seichte oder gar felsige Gewässer - mir so passiert bei der Fahrt von Castle Caldwell nach Belleek; nach der Ausfahrt von Caldwell Kurs Südwest immer schön den weißen Poller angepeilt, Wind Südost hat uns langsam nach West gedrückt, so dass wir auf Höhe Marker 60a plötzlich Grundberührung hatten. Der Schreck war groß aber passiert ist glücklicherweise nichts.

Grüße,
Heiko
« Letzte Änderung: 26.02.2014, 11:02 von heiko p. »

KarlHwrede

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #4 am: 26.02.2014, 14:30 »
Klasse , 4-5 m Wellen  8)

Mit einem 17er Boston Whaler oder einer RIP, einen 150PS Aussenborder und einer standfesten Crew macht das richtig Spass *seufz, erinnere mich gerade an meine DLRG-Zeiten zurück, seufz*
, aber mit einer Inver Queen oder Duke hätte ich es damals auch nicht gemacht  :D

Allerdings : Damals war ich 25, hatte noch keine Rückenprobleme, konnte sehen wie ein Adler ....

Heute : Wenn ich Schaumkronen sehe bleibe ich liegen .....in der Koje und damit am Steg

Offline Bernd Groten

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #5 am: 26.02.2014, 14:41 »
Es gibt auf der Navigationskarte von Enniskillen kommend oberhalb Inishmacsaint/Rossigh eine Windline eingezeichnet, diese würde ich bei Windstärken von 5 und mehr nicht mehr überfahren. Vor allem dann nicht, wenn ich auch noch ein dinghy/Beiboot im Schlepptau habe.
Ich habe 2-3 " Sturmfahrten" über den See gemacht. Am Anfang ist es ja ganz lustig, irgendwann wünscht man sich dann aber: hätte ich doch wieder abgedreht. Und wenn dann auch noch die Sicht schlechter wird und man erkennt die Marker der Untiefen nicht mehr, spätentestens dann hört der Spaß auf.

Aber bis zu der Marke würde ich bei Wind mal fahren.... ;D

Grüße

Bernd

Offline Stevie

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #6 am: 26.02.2014, 16:33 »
Also 4-Meter Wellen dürfte es auf dem Lough Erne wohl eher nicht geben (3 Meter-Wellen sehen auf dem Meer ungefähr so aus: http://goo.gl/nL3s0T). Ab 1,5 Metern Wellenhöhe ist für die meisten Mietboote wirklich Feierabend. Wenn am Lower Lough Erne der Wind mit mehr als 5 Windstärken von Nord, Nord-West oder West bläst, kann man sich problemlos bis Gaffer Island vorwagen. Dahinter kann es ungemütlich werden. Am Südufer sollte man bis Tully Bay fahren können, allerdings ist seit dem Umzug von Carrick Craft dort nichts Öffentliches mehr.

Gruß Stevie

Offline PietB

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #7 am: 26.02.2014, 20:51 »
Hi Leute ,

vielen Dank für die Einschätzungen , natürlich werde ich als Anfänger auch nicht gleich dem Tode
in die Augen sehen wollen . ;D Ich hab da aber auch eine natürliche Drossel an meiner Seite die
den zu großen Abenteuer , ein paar PS runter regelt  ;D
Ich werde es also wie empfohlen handhaben , ja mehr weiße Pferde auf den Wellen umso ausgedehnter
der Gespräch im Pub .
In diesem Sinne , super Forum und lg
« Letzte Änderung: 27.02.2014, 15:45 von PietB »

Offline Panta Rhei

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #8 am: 26.02.2014, 23:45 »
Die Wahrheit liegt irgendwo zwischen Piet (4-5m hohe Wellen) und Badoir (als Anfänger bei Manor House umkehren). Ich würde mich im Zweifelsfall eher defensiv verhalten, aber an einem schönen Tag bei Manor House umkehren? Das wäre zu schade. Badoir, ich vermute, deine Warnung bezog sich auf so grüne Zigarrenboote, wo man hinten am Tiller steht und wo einem schon 50cm hohe Wellen in die Gummistiefel schwappen?  ;D
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Wolfgang

Offline Joesy

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #9 am: 27.02.2014, 10:20 »
Wir waren Ostern 2013 auf dem Erne unterwegs und hatten ab Manor House gefühlten "leichten" Wind.
Sind dann Richtung Kesh und fanden die Fahrt noch sehr entspannend.
Ab Kesh sind wir, mit den Wellen im Rücken, über den Erne in Rg. Lusty Beg gefahren. Es war sehr wellig, aber Schaumkronen haben wir noch keine gesehen.
Mit dem Wind im Rücken, fanden wir die Fahrt lustig und hatten keinerlei Probleme. Lusty Beg angekommen, konnten wir unmöglich anlegen und haben dann beschlossen, weiter bis zum Castle Caldwell zu fahren. Auch dort war das Anlegen nicht ganz einfach, aber wir haben es letztendlich gut gemeistert.
Nachdem wir das Castle erkundet hatten, wollten wir weiter Richtung Belleek fahren und dann fing das Abenteuer an:
Ablegen und die Weiterfahrt gegen den Wind war sehr schaukelig und machte nicht wirklich Spaß. War aber auch noch zu meistern (Schaumkronen waren nach wie vor nur wenige zu sehen, aebr die Wellen kamen uns sehr hoch vor). Nachdem wir den Eagle Pont und Black Bull passierten, mußten wir steurboard Rg. Bellek abbiegen und lagen somit quer zu den Wellen. Die nächsten 15 Minuten hatten wir richtig große Angst. Die Frontscheibe unserer Noble Chief war ständig unter Wasser, die Scheibenwischer kamen nicht mehr hinterher, Sicht bei null und das Schaukeln war die Hölle. Hatte richtig richtig Angst. Nachdem wir wieder einigermaßen gerade waren und Richtung Bellek mit Wind im Rücken fahren konnten, war es wieder ok. Nie mehr möchte ich das erleben, egal ob Gefahr, oder keine. Wer nicht Seefest ist, hat sowieso geloost.

Das letzte Stück nach Belleek war dann wieder sehr entspannt. Abends im Pub haben wir uns dann bei einem Fischer erkundet, wie sich das Wetter am nächsten Tag entwickeln würde. Er meinte, wenn wir zeitig losfahren, würde es gut machbar sein.
Trotz frühem Aufbruch und strahlendem Sonnenschein, fand ich die Fahrt bis Tully Castle alles andere als angenehm (wenn auch nicht so schlimm wie am Vortag). Wir waren alle froh, als wir hinter der Linie bei Inishmacsaints angekommen sind und ich weiß, das mich keine zehn Pferde mehr bei stärkehrem Seegang über den Lower Erne bekommen.

Offline bádoir

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #10 am: 27.02.2014, 13:24 »
Zitat von: Panta Rhei
 Badoir, ich vermute, deine Warnung bezog sich auf so grüne Zigarrenboote ;D

Da mag was dran sein, Panta, aber auch für die Tupperware-Fraktion ist die in den Karten eingezeichnete Linie bei starkem Wind ehrgeizig.

Da habe ich auch so meine Erfahrungen. Allerdings hatte meine schlechtere Hälfte damals die däm herrliche Idee, sich in die Bugkoje, also den schlechtesten Platz überhaupt, zu verziehen und manisch zu motzen. (Ich versichere jedoch eidesstattlich,  dass das zu Bruch gegangene Geschirr ausschließlich  durch Schwerkrafteinwirkung zerstört wurde.)

 
Zitat von: Panta Rhei
aber an einem schönen Tag bei Manor House umkehren? Das wäre zu schade

Na gut, die Linie Rossigh/Inishmacsaint  mag auch gut sein –für Anfänger. Aber dann kommen bald viele nette Steinchen im Wasser, die sich bei ruhigeren Bedingungen besser ausmachen lassen, wenn man zum ersten Mal im Revier ist. (Nicht vergessen: die gestrichelte Linie ist nicht etwa eine Bojenkette! Man sieht sie nicht.)

Viele Grüße,

bádoir

Offline charly233

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #11 am: 27.02.2014, 14:16 »
Wie charly von CC mal zu mir sagte:"Die Crew hat bisher stets vor dem Boot aufgegeben".
Und die Überfahrt über den Lower Erne ist ab 4Bf "uncomfortable"

Meine Erfahrung aus dem letzten Jahr, die Werte die man im Internet findet sind nur bedingt verwertbar.
Bei vorhergesagten 4 Bf hatten wir auf dem Lough Ree in der Früh fast spiegelglatte Wasserfläche und am Mittag vielleicht 15 cm Wellen.

Deswegen würde ich, wenn nicht gerade Bäume durch Wind entwurzelt werden oder Sturmwarnung herrscht, an testen und notfalls rechtzeitig wieder umkehren und immer zwei Flucht Routen vorher festlegen.

Auf den Lower Lough Erne hatte ich ein Ereignis das meinen Adrenalinspiegel deutlich gesteigert hat.
Ich kam von Belleek und wollte eigentlich nach Tully Bay, jedoch merkte ich recht bald das es etwas zu stürmisch ist und beschloss nach Castle Caldwell auszuweichen. Ich fuhr also an der Landzunge entlang , den Marker "rot/weiß" habe ich mit deutlichem Abstand links vorbei ziehen lassen. Als ich ungefähr auf der Höhe des beschriebenen Markers war und nach Links blickte, sah ich plötzlich das der Marker "rot/rot" war. Ich stoppte sofort das Boot und traute meinen Augen nicht. In der Karte waren einige Felsen eingezeichnet, aber ich kann doch nicht so weit vom Kurs abgekommen sein. Ich fuhr erst kleines Stück Rückwerts und drehte anschließend das Boot und fuhr gleiche Strecke wieder ein Stück zurück. Als ich dann nach hinten Blickte sah ich einen  Marker "Rot/weiß"... also... das gibt's doch nicht.

Ich fuhr wieder in diese Richtung aber mit noch mehr Abstand und beobachtete den Marker.
Dann bemerkte ich das dies ein "Doppelmarker" war, also wenn man auf Kurs war, dann sah man "rot/weiß" aber wenn man parallel zum Marker war dann zeigte der Marker "ror/rot" an und wenn man vorbei gefahren war "weiß/rot".
Wenn man dies Weiß dann kein Problem, aber an einem stürmischen Tag mit etwas stärkerem Wellengang und mangelnder Erfahrung kann man da sehr schnell die Orientierung verlieren sobald etwas nicht so ist wie man es erwartet und das empfinde ich als die größte Gefahr.

Wir sind dann übrigens in Caldwell gut angekommen und über Nacht geblieben, am nächsten Tag war die Überfahrt bei Sonnenschein und einem lauen Lüftchen Problemlos.


Offline Panta Rhei

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #12 am: 27.02.2014, 17:19 »
Hallo badoir, dann hab ich dich falsch verstanden, ich hab deinen Post so aufgefasst, als ob du prinzipiell und bei jedem Wetter Anfängern das Umkehren in Manor House empfiehlst.

In Bezug auf zweifelhaftes Wetter bin ich vollkommen mit dir einer Meinung.

Und wenn ich alle Posts (Charly, Joesy) hier so lese, deckt sich das mit meiner Erfahrung: der Broad Lough ist fieser und launischer als etwa der Ree oder der Derg. Beim Ree weisst du von Anfang an, woran du bist, du fährst von N nach S oder umgekehrt und kannst dich anhand der herrschenden Windrichtung in etwa drauf einstellen, was dich bei der Überfahrt erwartet. Der Lower Lough Erne macht dagegen einfach, was er will, schiebt dich in der Gegend herum und plötzlich merkst du, dass du nur noch 20m von irgendwelchen Steinen oder mysteriösen Markern entfernt bist, die plötzlich aus dem Wasser spitzen und ähnliche parapsychologische Phänomene. Fehlt nur noch Nessie oder Monsterwellen oder ein Wikingerangriff. :o Alles schon erlebt.  8)

Nein, aber ohne Scheiß, der Broad Lough ist echt mit Vorsicht zu genießen. Vor zwei oder drei Jahren hatte ich zwar den Jameson gut verstaut, aber nicht diverse Gläser und Tassen. An diesem Nachmittag hat der See meine Liebste so weit zu Tränen gerührt, dass ich schon gedacht habe, sie wird nie mehr mit mir nach Irland fahren. Zum Glück verblasst in der Erinnerung manches und auch bei ihr überwogen 3 Wochen wunderbarer Bootsurlaub die letzten 30min. Als wir bei Aghinver ankamen meinte Andy: "Ja, heute ists ein bißchen rau da draußen." Das Internet behauptete hinterher, dass es 6 Beaufort waren an dem Tag, und bei Manor House eine dreiviertel Stunde vorher war alles noch ganz friedlich.
« Letzte Änderung: 27.02.2014, 17:21 von Panta Rhei »
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Wolfgang

Offline paolo

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #13 am: 27.02.2014, 19:16 »

Deswegen würde ich, wenn nicht gerade Bäume durch Wind entwurzelt werden oder Sturmwarnung herrscht, an testen und notfalls rechtzeitig wieder umkehren und immer zwei Flucht Routen vorher festlegen.


Mehr als zwei Fluchtrouten gibt es auch nicht wirklich..
Die eine ist "mit der Welle", die andere "gegen die Welle".
Solange du gute Sicht hast und keine Untiefen oder Hindernisse auftauchen, bist du nebst Besatzung und Boot ziemlich sicher.
Gegen die Welle zu fahren, kann auch richtig Spass machen. Ich finde es unglaublich, wenn man in die nächste große Welle regelrecht eintauchst und ein riesiger Gischtschwall übers Boot peitscht.
Mit der Welle zu fahren hat etwas regelrecht Erhabenes. Surfen geht zwar noch ein bisschen anders, aber es hat schon was davon. Wenn dich die Welle von hinten erreicht und du den Wellenkamm hinabgleitest, ist das wie in Zeitlupe.

Problematisch wird es dann, wenn dein gepeilter A-nach-B Kurs eben nicht gegen oder mit der Welle zeigt. Wenn dich dann die Wellen von der Seite packen und sämtliches Kleininventar durchs Boot fliegt ("Verdammt, warum hab ich die Pulle Jameson nicht vorher gesichert..."), dann kann es einem - wie Joesy schön beschrieben hat - schon ziemlich mulmig werden.

Da gibt's dann nur eins, man muss kreuzen.
Je nach Höhe der Wellen und der Windstärke tut sich dann auf den Charterbooten das nächste Problem auf: sie haben einfach zu wenig Power um jenseits der 5-6 Bft noch safe den Kurs halten zu können.
Da kann das Kreuzen schonmal eine langwierige Prozedur werden, wo man oft genug den inneren Schweinehund überwinden muss, immer dann, wenn man wieder einen langen Schlag aufs offene Wasser machen muss.

Die wichtigste Frage, die man sich bei kräftigem Wind vor Abfahrt stellen muss, ist, ob man gute Sicht hat. Alles andere ist erst mal zweitrangig, ob da nu Schaumkronen ("white horses") auf dem Wasser sind, spielt nur eine untergeordnete Rolle.

Zweitwichtigste Frage ist, woher kommen Wind und Wellen?

Und dann entscheidet man halt, ob man im sicheren Hafen bleibt oder ob man tatsächlich losfährt.
Bevor man aber losfährt, ist ein wenig Strategie erforderlich. Welchen Kurs schlage ich ein, um möglichst immer mit und/oder gegen die Welle zum Ziel zu kommen.
Und auf der Strecke dann natürlich, wann und wo halse ich?

Dass Bootfahren bei guten Bedingungen kein Hexenwerk ist, ist hinlänglich bekannt.

Ich kann daher nur jedem empfehlen, auch mal die etwas extremeren Bedingungen zu üben.
Die in der Seekarte gezogene Line Rossigh/Inishmacsaint ist dafür ideal. Bist du da in der Nähe und es bläst ein kräftiger Wind, dann fahr mal an die Linie ran - und dann auch ein Stück drüber. Umkehren kann man schnell, wenns einem zu heikel wird, kann man immer noch umdrehen.
Es ist einfach wichtig, dass man so eine Situation mal zumindest ansatzweise erlebt hat. Auf einem großen See kann schnell mal das Wetter umschlagen, und sollte man schon irgendwie vorher wissen, wie sich das anfühlt.

Und solange man ne Handbreit Wasser unterm Boot hat, ist alles bestens :-)

paolo




Infos zu mir - gibt's hier:
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Offline Stefan Weskott

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #14 am: 28.02.2014, 12:30 »
Hallo Forumsgemeinde,

da kann ich mich meinen Vorschreibern nur anschließen, wenn ich Schaumkronen sehe bleibe ich im Hafen. Meinen ersten Bootsurlaub hatte ich in Schottland. Von Caley-Cruisers hatten wir ein Boot und bis zur ersten Schleuse ist noch ein Mitarbeiter von der Marina mitgefahren. Nach einer ruhigen Nacht sind wir dann am nächsten Morgen raus auf den Loch Ness. Die paar Wellen haben nicht gestört, nur als meine Frau dann fragte warum wir das einzige Boot auf dem See wären, bin ich nachdenklich geworden. Es hat uns ganz schön durchgeschaukelt, aber mit Glück und ein wenig Verstand haben wir dann einen Hafen erreicht. Die übrige Zeit verlief problemlos. So, jetzt war ich ein " Profi ". Das Jahr darauf habe ich eine Classique von Crown Blue Line angemietet. Unsere eigenen beiden Kinder, deren Schulfreunde und meine Frau und natürlich der " Captain ". Ich muss sagen, das Handling hatte ich mir schwerer vorgestellt und so stand die Ree Überquerung an. Wir sind dann am Spätnachmittag noch bis Lecarow und haben dort übernachtet. Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, der Himmel war dunkel bewölkt und wenig Wind, sind wir dann los richtung Athlone. Es fing an zu regnen, zuerst leicht dann immer fester, der Wind blies nun stärker und bis ichs mich versah war ich alleine auf der Fly. Die entgegenkommenden Wellen wurden größer, die Gischt beim Eintauchen in diese spritzte mittlerweile in mein Gesicht. Nun war mittlerweile alles grau in grau. Die Seekarte blätterte laufen selbständig um und die Markersuche erwies sich als immer schwieriger. Aus dem Schiffsinneren hörte ich mittlerweile Gläser zerbrechen und die Frau meinte laut rufend " unsere Betten in der Bugkabine sind klatschnass " Die Wellen wurden noch höher so dass das über mir hereinbrechnende Wasser über das nicht so gut schließende Sonnenschiebedach, den Salon unter Wasser setzte. Von Navigieren war jetzt überhaupt nicht mehr die Rede, ich war mehr damit beschäftigt mich auf den Beinen zu halten ( und das bei 1m93 und dreistelligem Körpergewicht ) und so gut es ging die Marker zu finden. Jetzt mag sich macher fragen, warum ist er einfach nicht umgedreht und zurück gefahren, Leute ich weis es nicht. Nur wie Paolo schon geschrieben hat, die fehlenden PS machen es nicht einfach ein Boot zu drehen, wenn die Wellen auf einen zukommen. Mittlerweile musste sogar gekreuzt werden um einigermaßen meinen Kurs zu halten. Jedesmal wenn ich meinte, im nächsten Wellental welches lang genug ist, wird gedreht, schaukelte das Boot gefühlte 90 Grad nach links und dann gleich wieder 90 Grad nach rechts. Das Geschirr zerdepperte in den Schränken, die Gastkinder weinten, schrieen, übergaben sich und ich als Captain dachte nur " was habe ich da blos angestellt und hoffentlich kentern wir nicht. Nach einer Ewigkeit sah ich dann die Einfahrt zu Waveline. Mit Sven hatte ich übers Forum schon losen Kontakt und so sah ich diese Marina als unseren Rettungshafen. Wild auf den Wellen herumtanzend fuhr ich auf die Einfahrt zu und schlagartig war die letzte Welle hinter uns und wir gleiteten im ruhigen Fahrwasser. Jetzt erst bemerkte ich dass unsere Bootsleinen vorne links und rechts im Wasser hingen und hinter dem Boot zusammen liefen. Abolutes Glück gehabt dass die sich nicht in der Schraube verfangen haben. Mittlerweile liefen schon einige Leute am Steg zusammen und fragen wo wir den herkommen? Ja über den Ree natürlich ( ich zeigte mir selber den Vogel ) Gott sei Dank hat uns dann Sven völlig unbürokratisch geholfen. Das Bettzeug wurde gewaschen und getrocknet, ebenso alle Handtücher und was sonst noch klatsch nass war. Hier noch einmal ein großes Dankeschön an die Mädels im Waschhaus. Sven meinte dann nur noch, jetzt hast du dein Kapitänspatent bestanden. In den darauf folgenden Jahren hatte ich noch viele Ree Überquerungen, nur habe ich gelernt, schau zuerst auf den See und sobald auch nur die geringste Unsicherheit bei mir herrscht, bleibe ich im Hafen. Ich wurde auch schon als " Feigling " eingestuft ( Männerrunde mit viel Alkohol ) aber das ist mir in diesem Fall dann egal. Ich habe die Verantwortung und was ich damals den zwei Gastkindern zugemutet habe, das möchte ich nicht mehr erleben.

Schöne Grüße aus München,

Stefan
S.Weskott

Offline heiko p.

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #15 am: 28.02.2014, 12:31 »
Die wichtigste Frage, die man sich bei kräftigem Wind vor Abfahrt stellen muss, ist, ob man gute Sicht hat. Alles andere ist erst mal zweitrangig, ob da nu Schaumkronen ("white horses") auf dem Wasser sind, spielt nur eine untergeordnete Rolle.

Oh ja, ohne Sicht wird es echt schwer!
War letztes Jahr in den Bodden (nicht Irland, sondern Ostsee) unterwegs. Losgefahren bei leichtem Nieselregen, der dann zu starkem Nieselregen wurde. Die See war ruhig, aber wenn Du den nächsten Marker erst bei 20 m Entfernung wieder entdeckst und Rot nicht mehr von Grün zu unterscheiden ist, wird das navigieren zur Hölle. Wir hatten glücklicherweise einen Kartenplotter an Bord, mit dessen Hilfe wir die Fahrrinne stets unter Kontrolle hatten.

Aber auch das Gegenteil von rauer See kann unheimlich sein. 2012 sind wir bei 0 Wind über den Ree, von Nord nach Süd. Die Wasseroberfläche spiegelglatt - Du hast die Unterseite des eigenen Bugs sehen können. Himmel und Wasser hatten die gleiche Farbe, der Horizont war kaum erkennbar. Das war echt gespenstig.

Heiko

Offline Bernd Groten

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #16 am: 28.02.2014, 19:48 »
Hallo PietB,

lasst euch von den Berichten nicht zu sehr Bange machen. 1. ist es meistens die Crew, die zu erst schwächelt, die Boote halten einiges an Wind und Wellen aus und 2. ist das Wetter in Irland meistens besser als man denkt. Meine Sturmfahrten verteilten sich auf 30 Jahre Erne und eine richtige verregnete und windige Woche hatte ich nur einmal.

Wünsch euch viel Spaß und immer eine handbreit Wasser unterm Kiel

Bernd


Offline Klaus

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #17 am: 28.02.2014, 22:12 »
Kann ich bestätigen. Ich fahre zwar erst seit 20 Jahren auf Shannon/Erne, habe aber auch erst 2 echte Stürme und 1x eine Regenwoche erlebt.
Viel öfter hatte ich einen Sonnenbrand.

8)
Klaus

Offline odet

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #18 am: 28.02.2014, 22:56 »
« Letzte Änderung: 28.02.2014, 23:20 von odet »

Offline ukmueller

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #19 am: 01.03.2014, 03:35 »
Währenddessen bei Tully Castle:


Ist doch erst der 1. Maerz, nicht der 1. April. ;D

Aufregende Aufnahmen sind das, vor allem das Wiederaufrichtungsvemoegen der Segelyacht nach so einem "Knockdown" ist beeindruckend . Allerdings, warum waren die Leute auf dem Vordeck?  
Das Vorhandensein einer "Lifesling" Rettungsleine auf dem Segelboot oder dem Motorboot haette das einsammeln der Schwimmer erheblich verkuerzt. Das Boot waere dann einfach einen Kreis um die Schwimmer gefahren und haette sie zum Boot ziehen koennen.


danke Odet fuer den link.

Allen neueren Cruisern sei versichert, dass die Wetterbedingungen in der Biscaya die des Lower Lough Erne um einiges uebertreffen.

Uve
« Letzte Änderung: 01.03.2014, 03:37 von ukmueller »
....and may I die in Ireland.

Offline Herbert47

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #20 am: 01.03.2014, 09:04 »
Es stimmt, was hier mehrfach angesprochen wurde. Mit etwas "Hausverstand" und Beobachtung der Schaumkronen und der Äste an den Bäumen ist alles halb so schlimm. Auch ich hatte in den 25 Jahren öfters einen Sonnenbrand als nasse Socken. Die von mir beschriebene Situation ist auch nicht am Anfang der Bootsabenteuer entstanden, sondern schon als "Profi" durch eigene Blödheit. Wir haben unser Zeitfenster so knapp ausgenützt. so dass wir am Donnerstag Vormittag von Bellek wegfuhren um am Freitag Nachmittag das Boot in Belturbet abzugeben. Ist bei normalem Wetter mit Station in Tully Castle und Übernachtung in Enniskillen kein Problem. Dann kam das "Winderl". War eine harte Erfahrung und bleibt für immer im Gedächtnis. Bei Überquerung von großen Seen immer einen Tag Reserve einplanen. Den kann man dann ja vor dem Abgabehafen verbummeln und Besichtigungen machen, die sonst eher nicht auf dem Zettel stehen.

An alle Neulinge: Lasst Euch durch solche Abenteuermeldungen nicht abschrecken und beachtet die hier geposteten wichtigsten Regeln. Dann wird es sicher Euer schönster Urlaub, mit Suchtgefahr auf Wiederholung.
LG
Herbert aus NÖ

Offline Stevie

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #21 am: 01.03.2014, 09:58 »
Die Seekarte blätterte laufen selbständig um und die Markersuche erwies sich als immer schwieriger.

WENN man unbedingt bei solchen Bedingungen auf den See rausfahren möchte, sollte man unbedingt über genügend Orstkenntnis verfügen, so dass man keine Seekarte mehr benötigt. Außerdem sollte man das Schiff schon im Hafen "seefest" machen. Sprich alles was runterfallen kann sicher verstauen, in den Nasszellen die Toilettenutensilien ins Waschbecken legen und die Schränke mit einem kleinen Streifen Duck-Tape gegen versehentliches Öffnen sichern. Auch die Leinen, insbesondere auf dem Vordeck sollten sicher untergebracht werden. Für all diese Dinge ist nämlich keine Zeit mehr, wenn man mit Wind, Wellen und Schiff beschäftigt ist. Selbstverständlich sollte bei solchen Fahrten auch eine Schwimmweste für alle Crew-Mitglieder sein.

Und als Hinweis für unsere Neulinge: Wir reden hier über Bedingungen, wie sie auf den großen Seen (Lough Ree, Lough Derg oder Lower Lough Erne) höchstens ein paar Mal im Jahr auftreten. Ohne entsprechende Erfahrung sollte man da einfach gemütlich im Hafen bleiben oder eine andere Strecke nehmen.

Gruß Stevie

Offline Bernd Groten

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #22 am: 01.03.2014, 13:51 »
Hallo Stevie,

die geniale Idee mit der Sicherung hatte unser Smutje bei einer der windigen Überfahrten auch. Er hatte alles was auf dem Herd und auf dem Tisch stand auf den Boden gestellt, einschließlich den Topf mit dem Gulasch. Mitten auf dem Lough Erne, alle Ernekundigen hielten mit Ausschau nach Markern, verabschiedete sich ein Newbie von der Flybridge nach unten. Er kam mit den Worten wieder nach oben, dass durch den Wellengang alles vom Herd und Tisch auf den Boden gefegt wäre, aber nichts passiert wäre, und er alles wieder hochgestellt hätte..... Er hatte das kaum ausgesprochen, da lag der ganze  Gulasch auf dem Boden. :D
An diesem Abend blieb kein Auge trocken und unser armer Captain Morgen musste ordentlich herhalten.

Gruß
Bernd

Offline paolo

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    • die unglaublichen Erlebnisse eines Bootfahrers
Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #23 am: 01.03.2014, 15:27 »

An alle Neulinge: Lasst Euch durch solche Abenteuermeldungen nicht abschrecken


Richtig!
Was aber tun, wenn's denn doch mal so kommt???


Beispiel:
Startpunkt >> Castle Caldwell
Ziel >> Tully Castle
Wind bei Abfahrt >> ca. 3 Bft aus Nord, also in Zielrichtung von links nach rechts bzw. Backbord nach Steuerbord
Fahrtdauer >> ca. 1,5 Stunden
Wetter >> strahlender Sonnenschein, hervorragende Sicht, nur irgendwo in östlicher Richtung wird der Himmel etwas dunkler

Du denkst: Wetter super, Wind OK, und vom dunklen Himmel im Osten krieg ich eh nix mit, der Wind kommt ja aus Nord, und da ist es schön... Also Abfahrt!

Die erste halbe Stunde geht alles prima. Der Wind wird zwar etwas stärker, aber du denkst 'Alles im Griff'.

Dann hast du den Marker 61A passiert.
Die Sicht ist prächtig.
Im Fernglas siehst du den Jetty von Magho, und auch die White Cairns von Boa Island und Inishmakill.
Nur der Himmel in Richtung Castle Archdale wird immer dunkler...
Egal, denkst du, no problem.

Der Wind wird stärker, die Wellen werden höher und kommen immer kräftiger von der Backbordseite, das Boot fängt an zu schaukeln.
Mutti, die unter Deck verzweifelt versucht, ihr Buch zu lesen, will, dass du "ruhiger" fährst.
'Tse, Frauen', denkst du und schüttelst heimlich mit dem Kopf, 'Kreuzen wir halt, dann wird das Boot nicht so hin und her gerissen'.

Zum Kreuzen weichst du vom Zielkurs ab und nimmst Kurs auf die Cliffs of Magho. Den Jetty hast du schon rechts liegen gelassen. Du bist jetzt mitten drauf auf dem See, umzingelt von den berüchtigten 'White Horses'.
Die Wellen sind einen guten Meter hoch, tragen dich aber weich Richtung Küste.

Gut 300m vor Land drehst du das Boot über Backbord, zwei Wellen von links schütteln dich, das Boot und die Mannschaft unter Deck kräftig durch.
Aber dann hast du Wind und Wellen von vorne. Dein Schiff bohrt sich in die nächste große Welle, Gischt schießt über den Bug und das ganze Boot. Und da kommt schon die nächste große Welle...

Blind greifst du nach der Flasche Jameson, die sich rechts in dem Staufach neben deinen Füßen befindet, nimmst mit zittrigen Fingern einen satten Schluck aus der Pulle und rufst laut 'Yippiayeaaahh, Schweinebacke'.

Der Wind von vorn wird noch stärker und die Wellen noch ein Stück höher.
Die Restmannschaft unter Deck hat die Nase schon voll und ruft von unten, dass man jetzt sofort nach hause will!

Zwischen zwei großen Wellen schaust du dich um und siehst, dass sich kein anderes Boot auf dem See befindet.
Und verdammt, jetzt ist der dunkle Himmel aus dem Osten schon ziemlich nah gerückt.
Jetzt fängts auch noch an zu regnen.

Du wendest das Boot über Steuerbord und aus dem Bootsinneren hörst du das Geräusch von splitterndem Geschirr, während das Boot kräftigst durchgeschüttelt wird.
Aber als die Wellen endlich wieder von hinten kommen, beruhigen sich deine Nerven leicht.
Bei dem Gedanken aber, gleich wieder wenden und den Wellen frontal die Stirn bieten zu müssen, wird dir zunehmend flau im Magen.
Das windgeschützte Tully Castle ist bestimmt noch eine halbe Stunde entfernt, die Landzunge noch nicht in Sicht.

Apropos Sicht: Der Himmel um dich herum ist jetzt tiefschwarz. Starkregen prasselt unablässlich auf dein Boot.
Von den White Cairns, die sich irgendwo in der Ferne rechts (Einfahrt nach Belleek) und links (Inishmakill) befinden müssten, ist absolut nichts zu sehen.
Aber viel schlimmer noch: Du siehst auch das Land (Cliffs of Magho), das sich eigentlich in ein paar hundert Metern vor dir befinden müsste, nicht mehr.
Nur eine undefinierbare dunkle Masse, die sich schemenhaft, bedrohlich und himmelhoch vor dir aufbaut.

Und nu ???
Wie weit kannst du dich noch von den Wellen tragen lassen, bis dein Boot irgendwo auf einen Felsen kracht?

***
Wer jemals in eine solche Situation kommen sollte, dem sei folgender Tipp gegeben:

Stell dein Boot in jedem Fall gegen die Welle und gib soviel Gas, dass dich Wind und Welle nicht seitlich wegdrücken können und du weiterhin Schub voraus hast.
Bei den motorschwachen Charterbooten ist das dann womöglich fast Vollgas. Aber drück den Hebel nicht zur Gänze auf den Tisch, weil sich dadurch dein Heck nur noch mehr absenkt.
Unterlass das Kreuzen, solange du nicht genügend siehst. Du weist schließlich gar nicht richtig, wohin du überhaupt kreuzst...
Fahr lieber so lange voraus und immer gegen die Welle, bis du das gegenüber liegende Ufer erreichst. Im obigen Fall hieße das, noch einmal komplett über den See auf die Boa Island Seite. Wenn der Wind dort dann immer noch aus Nord kommt (also ablandig weht), werden die Wellen - je näher du an Land kommst - immer kleiner. Und dann kannst du nach rechts oder links weg fahren.

Warte ansonsten ab, bis das Schlechtwetterfeld vorüber gezogen ist, du wieder genug siehst und du deinen Kreuzkurs wieder aufnehmen kannst.

Auch wenn's schwer zu verstehen ist, aber es ist sicherer gegen die Welle aufs offene Wasser zu fahren, als 'nah beim Ufer zu bleiben' (weil man da im Notfall nicht so weit schwimmen müsste).
Bei schlechter Sicht und starker Welle ist das Ufer dein Feind!

Und wie schon gesagt: Mindestens ne Handbreit Wasser unterm Kiel, und alles ist bestens :)

paolo


Infos zu mir - gibt's hier:
https://www.paolo.de

Offline Scoirish

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #24 am: 01.03.2014, 16:39 »
Nachdem wir in exakt 4 Wochen vom Killinure Point auch wieder "in See stechen" werden bin ich natürlich täglich hier im Forum am Lesen (bei manchen anderen Hobbies heisst das doch Vorspiel, oddrr.?). Jetzt kann ich mich leider noch nicht als alten, erfahrenen und von See und Whisky gegerbten Skipper" nennen ( o.k. alt schon einigermassen, gegerbt auch aber nicht durch die See  :P ).

Aber einmal war ich eben schon auf dem Shannon unterwegs letztes Jahr. Da hatten wir uns erst mal die Südroute ausgesucht und sind dann auch über den Lough Derg gefahren. Als wir dann mit "unserem" kleinen Waveduke so ungefähr zwischen Portumna und Kilgarvan waren, war das "Postkartenwetter" ohne ein höfliches "see you" weg..

Wind, Wellen, Gischt!

Ob es schon "Schaumkrönchen" (Schuumkröndli  ::) - wer hats erfunden?) hatte kann ich nicht mehr sagen. Auch zu Windrichtung, Beaufortwert und Wellenhöhe kann ich keine Aussagen machen. Ich sass am Ruder und habe es genossen. Allerdings muss ich erwähnen, dass die Sicht nicht komplett eingeschränkt war. Meine Gattin Pia überprüfte permanent Marker, Bojen, Landzungen, etc. und sie brachte plötzlich einen nie gekannten "Diensteifer" an den Tag. (wie kriegt man eigentlich Wellen in die Küche - Sorry, das hat sie nicht verdient, aber ich fand den Spruch trotzdem cool).

Wir sind dann ordentlich durch den See gestampft, ich habe intuitiv gekreuzt und wir kamen unserem Ziel Mountshannon Stück für Stück näher. Es hat den kleinen Waveduke zwar ordentlich durchgeschüttelt, aber wenn ich das mit einigen Erlebnissen aus meiner "Jugendzeit" in der Luke eines Leopard Panzers vergleiche war es harmlos (wenn man sich da nicht richtig festgehalten hat gab es gratis Botox Lippen  :o.).

Ich fand es geil, jedoch Pia, meine bessere Hälfte, wurde recht ruhig und als ich, "erschöpft" von der Arbeit am Ruderstand um eine Dose Guinness bat hiess es:

 "Mer hend keis me!"

(Wir haben keines mehr - für alle die des Schweitzerdeutsch nicht mächtig sind).

Da ich als "Captain" an Bord des Bootes insbesondere ja für alle liquiden Füllstoffe (Diesel, Kühlwasser, Oel, ..) verantwortlich bin war mir natürlich sofort klar, hier wird - aus persönlichen Motiven der Crew (Pia) - eine vorsätzliche Falschmeldung abgegeben.

Ich habe jedoch auf jegliche disziplinarische Massnahmen (Eintrag in Schiffstagebuch, Kielholen, etc.) verzichtet, mir aber vorbehalten dieses "niederträchtige" Verhalten der Crew gegenüber dem Captain bei passender Gelegenheit (wie jetzt z.B. hier) zu erwähnen. ;D

Also immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel und vielleicht bis demnächst auf dem Shannon (oder im Pub?),

Chris

P.S. In 4 Wochen haben wir Kompass zur Windrichtungsbestimmung und Windmesser dabei (und ein Teil der flüssigen Ressourcen wird im direkten Zugriff des Captains sein)
  
« Letzte Änderung: 01.03.2014, 16:59 von Scoirish »
Sláinte

Chris

www.orfhlaith.eu

Offline heiko p.

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Re: Windgeschwindigkeit
« Antwort #25 am: 03.03.2014, 09:48 »
lasst euch von den Berichten nicht zu sehr Bange machen.
Och jetzt hast Du uns den ganzen Spaß verdorben. ;)