Do, 06.06.2002:
Der bisher schönste Morgen auf unserer Reise. Strahlend blauer Himmel und T-Shirt-Temperaturen. Also schnell frühstücken und dann das Boot startklar machen. Wir füllen noch unseren Wassertank, verabschieden uns von Wilhelm und Konni und machen uns auf den Weg in Richtung Süden.
In Roosky warten wir erstmal geraume Zeit bis die Brücke geöffnet wird. Der Wasserstand ist zwar etwas gefallen, aber für unsere Waveearl reicht es immer noch nicht. Eine Caprice von Emerald Star meint vielleicht so durchzupassen und bricht den Versuch erst ab, als ich sie schon fast in der Brücke hängen sehe. Zum Glück habe ich meine Warteposition einige hundert Meter weiter flußaufwärts gewählt, so dass sie uns nicht in die Quere kommt. Wenig später erscheint Tony, der Schleusenwärter, auf seinem Fahrrad und öffnet die Brücke, die wir auch problemlos passieren.
Das nächste Problem stellt sich direkt hinter der Brücke. Wir wollen eigentlich anlegen, da wir noch einkaufen müssen. Es ist für heute noch kein Abendessen an Bord und das Bier wird auch knapp. Leider sind wir nicht die einzigen mit diesem Problem und so sind alle Anleger an der Brücke voll belegt. Den Versuch am freien Anleger der Tankstelle festzumachen spare ich mir, da sind wir in den Vorjahren bereits weggejagt worden. Seitdem meide ich diesen Liegeplatz und tanke außerdem woanders, wenn es sich einrichten läßt.
Da sich kein freier Platz abzeichnet, beschließen wir an einer Lake Star von Emerald Star festzumachen, die relativ günstig liegt. Auf dem Boot sind vier Iren, offensichtlich noch von den Folgen des Fußballspiels vom Vortag gezeichnet, die uns sofort erlauben an ihrem Boot anzulegen. Das ist zwar sehr nett, allerdings haben die Jungs leider keine Ahnung von Booten. Als ich einem der vier unsere Achterleine zuwerfe, fängt dieser sofort an wie wild daran zu ziehen, anstatt zu warten bis ich das Boot richtig herangefahren habe. Als Ergebnis liegt unser Heck am gewünschten Platz, während der Bug mitten in den Fluß zeigt. Ich breche den Versuch ab und bedeute unserem Helfer die Leine zurückzuwerfen, damit ich einen neuen Anlauf unternehmen kann. Er will jedoch aus unerfindlichen Gründen nicht loslassen und begreift erst was ich von ihm will, als ich einfach losfahre. Beim zweiten Versuch bin ich schlauer und reiche die Leinen erst herüber, als das Boot am richtigen Platz liegt. Unsere Helfer wenden sich sichtlich erschöpft wieder ihrem Frühstück zu und wir gehen in den Supermarkt zum Einkaufen.
Das Ablegen geht problemloser als das Anlegen, auch wenn ich einen der Iren davon abhalten muß die Achterleine vorzeitig zu lösen. Er zeigt aber dann vollstes Verständnis dafür, dass ich nicht ohne meine Freundin abfahren möchte

. Vor der Schleuse in Roosky ist wieder kreisen angesagt. Es werden drei große Boote von Emerald hochgeschleust, was aus unerfindlichen Gründen fast 20 Minuten dauert. Schließlich verlassen die Boote endlich die Schleuse und Tony saust wieder mit seinem Fahrrad an uns vorbei zur Brücke. Ich möchte wirklich mal wissen, wieviele Kilometer er an einem Tag so zurücklegt.
Wir schleusen zusammen mit der "Lobelia" einem weiteren Boot von Waveline Cruisers und einem großen 38-Fuß Boot von Manor House Marine. Der Skipper des letzteren fragt erstmal den Schleusenwärter wo er sich überhaupt befindet, weia.... Unterhalb der Schleuse ist ziemliches Chaos. Da der Anleger unter Wasser steht, liegen drei Boote an die Mauer gedrängt, ein weiterer Skipper klammert sich an Bäumen fest und zwei weitere kreisen im freien Wasser vor der Schleuse. Also erstmal gaaanz langsam fahren, um nicht noch mehr Unordnung in das Durcheinander zu bringen. Der Skipper hinter uns (der mit dem 38-Fuß Boot) sieht das jedoch anders und fährt mit Volldampf aus der Schleuse, was ich jedoch mit einigen resoluten Handzeichen und bewußtem "im Weg stehen" unterbinde.
Wir fahren weiter in Richtung Tarmonbarry, die beiden Boote aus der Schleuse immer noch kurz hinter uns. Als wir dann in den Camlin River abbiegen, folgt uns der Kollege mit dem 38-Fuß Boot. Er weiß offensichtlich immer noch nicht wo er ist. Nach einigen Metern bleibt er jedoch stehen, vermutlich weil ihm der Fluß plötzlich etwas schmal vorkommt und ich verliere ihn aus den Augen. Wir wollen eigentlich den Camlin nur ein Stück hinunter fahren und dann wieder umdrehen. Die Straßenbrücke bei Richmond Harbour ist nämlich recht niedrig und ich weiß nicht ob unser Waveearl durchpaßt. Unterwegs kommt uns jedoch eine Tully SE von SEWH entgegen und ich frage den Skipper nach der Brücke. Als er "kein Problem" zurückruft, beschließe ich es vorsichtig zu versuchen.
Nach ca. 30 Minuten erreichen wir die Brücke. Es ist genügend Platz um im Notfall noch wenden zu können und die Strömung ist auch kein Problem. Also im Schrittempo herangetastet, immer bereit auf Rückwärtsschub zu gehen. Ich sehe aber recht schnell das es passen wird, auch wenn es nur gut 30 cm zwischen unserem Windschild und der Brücke liegen. Prima, eine Sorge weniger. Die Brücke im Kanal zu Clondara Lock ist viel höher und wird uns daher keine Probleme machen. Wir legen aber erstmal an der Schleuse nach Richmond Harbour an und ich mache mich auf den Weg einige Fotos zu schießen. Es ist sowieso Mittagspause an der Schleuse, also kann ich die Zeit auch sinnvoll nutzen. Kurz bevor wir wieder ablegen wollen erscheinen Wilhelm und Konni mit ihrer Waveprincess, die hier heute übernachten wollen. Wir überlassen Ihnen unseren Liegeplatz und verabschieden uns nun endgültig.
Der Schleusenwärter von Clondara Lock ist der gleiche wie im letzten September. Er erkennt mich sogar wieder, weil wir wie beim letzten Mal unser Shannon-Info.de Schild auf dem Windschild haben. Wir hatten uns schon im September über meine Webseiten unterhalten. Er bedauert, dass die Seiten nur auf Deutsch verfügbar sind. Nach der Schleusung kontrolliere ich schnell die Kühlwasserfilter, die aber diesmal sauber sind. Aufgrund des Hochwassers lagen nicht viele Pflanzenreste im Camlin. Als wir wieder in den Hauptlauf des Shannon einbiegen, sehe ich die "Lobelia" wieder vor uns. Wir haben also durch unseren Abstecher in den Camlin nichtmal Zeit verloren.
Weiter vorne ist auch die Caprice aus Roosky wieder zu sehen. Als sie auf die Torfbahn-Brücke kurz vor Lanesborough zufährt, verläßt den Skipper wohl der Mut und er bleibt vor der Brücke stehen. Sein Boot wird natürlich sofort von der Strömung gepackt und seitwärts gedreht, mit dem Ergebnis, dass er genau vor der Durchfahrt seitlich gegen die Brücke gedrückt wird. Zum Glück sind wir noch weit genug entfernt und können die "Vollsperrung" aus sicherer Entfernung beobachten. Mit einigen rabiaten Manövern schafft er es dann von der Brücke loszukommen, allerdings mit einigen großen Schrammen an der Steuerbordseite. In Lanesbourough halte ich größeren Abstand zu dem Crash-Kandiaten, aber hier geht alles glatt.
Der Rest unserer Fahrt verläuft ereignislos. Auf dem Lough Ree hänge ich die Caprice mit dem Aufkommen leichter Wellen schnell ab, was mir auf dem Fluß vorher nicht geglückt war. Hier macht sich die schwache Motorisierung dieses Bootstyps doch sehr bemerkbar. Gegen 17 Uhr biegen wir in den Lecarrow Canal ein und erreichen nach kurzer Fahrt den Hafen. Wir belegen den letzten regulären freien Liegeplatz und so geht ein ereignisreicher Tag zu Ende....