Diesel in der Bilge, da kommt Freude auf.
Mitte der Achtziger waren wir mit einem Cruiser vom Typ Ambassador (Vorgänger vom Silver Crown) unterwegs. Mit Südkurs Carrick - Athlone. Vor dem Lough Ree wollten wir sicherheitshalber tanken. Ich schlug die Tankstelle am Flag Ship in Lanesborough vor, aber mein Freund Dieter, der an diesem Tag den Steuermann mimte, hatte da doch etwas Bammel. Wer die Tankstelle in Lanesborough noch kennt, weiß warum. Also Roosky. An der Tankstelle unmittelbar unterhalb der Lift Bridge am Ostufer legten wir an. Die Crew vom Schiff vor uns wartete schon auf die Brüder von der Tankstelle (Familienbetrieb), also hieß es wohl, sich in Geduld zu fassen. Da die Tanksäule einen extrem langen Tankschlauch hat, mußte das Boot wohl nicht verlegt werden. Dies bewog die Frauen, uns Männer zum Einkaufen auf die andere Flußseite zu schicken, sie hätten jetzt ja alles "im Griff". Also los zum Shopping. Vorher allerdings ein Boxenstopp mit Guinness und Smithwick. Als wir nach etwa einer halben Stunde wieder zurück über die Brücke gingen, sahen wir den Tankwart schon an unserem Ambassador. Am Boot angelangt genügte ein Blick auf den Zähler der Tanksäule um bei mir einen Schreikrampf auszulösen. Mehr als 50 Gallonen, das konnte doch nicht wahr sein. Ich hatte vorher mit nicht mehr als 80 Liter, also weniger als 20 Gallonen Verbrauch gerechnet.Und der Diesel rauschte immer noch in die Tanköffnung.
S T O P P ! Der Tankwart guckte irritiert hoch, stoppte aber doch den Tankvorgang. Unsere Frauen meldeten sich aus dem Bootsinneren - es röche scheußlich nach Diesel. Was war geschehen. Klappe zum Motor auf und ein Schwall des Dieselgestanks schlug mir entgegen. Unter der Motortraverse glitzerte es verdächtig. Diesel in der Bilge. Aber wie und warum? Ein Blick im Motorraum Richtung Gangboard löste das Rätsel. Der Schlauch, der die Tanköffnung mit dem Dieseltank verbindet, hatte sich gelöst und hing unmotiviert in der Gegend herum. Kein Tropfen Diesel war durch ihn geflossen. What shall we do? Der Tankwart zuckte zuerst mit den Schultern und riet uns dann, den Segen einfach über die Bilgepumpe zu entsorgen. Shocking! Noch nie was von Umweltschutz gehört, oder wie oder was? Nicht mit uns! Also die Bootsfirma anrufen. Der hilfreiche Rat aus Banagher - man ahnt es schon: Bilgepumpe. Neee - machen wir nicht. Na gut meinte der Servicemensch, dann kämen sie mit dem Servicewagen und würden die Bilge auspumpen. Treffpunkt am nächsten Vormittag in der Jolly Marine Marina in Athlone. Nachdem wir den Schlauch wieder mit der noch vorhandenen Schelle befestigt hatten, bunkerten wir noch etwa 60 Liter und fuhren weiter nach Lanesborough, wo wir übernachteten. Der Dieselgeruch zwang uns zum Aufenthalt an Deck, schlimmer war aber, daß der Griff zur Zigarette absolut tabu war. Am nächsten Morgen ging es über den See und gegen 10 Uhr liefen wir in den Hafen Athlone. Oh Wunder, die Leute aus Banagher warteten schon. Servicewagen mit Anhänger, darauf zwei 200L-Fässer. Mit einer elektrischen Pumpe wurde die Bilge geleert und anschließend mit vielen Putzlappen getrocknet. Die Leute arbeiteten schnell, waren überaus liebenswürdig und gaben uns damit das "No problem"-Gefühl. Nach etwa 2 Stunden war die Sache gegessen und wir waren so euphorisch, daß ein stattliches Trinkgeld den Besitzer wechselte. Die Männer im Overall verabschiedeten sich fröhlich winkend und brausten mit Anhänger und vollen Fässern davon.
Dieter meinte "was glaubst du wohl, was die jetzt machen?". Wir gingen ein Stück Richtung Marina Yachtclub und guck mal! Hinter Büschen stand der Wagen mit Anhänger am Shannonufer und unsere beiden Helden pumpten den Diesel durch den gleichen langen Schlauch in den Fluß, durch den sie ihn vorher aus unserer Bilge gesogen hatten. Was sollten wir sagen - irgendwie war es eben eine typisch irische Problemlösung: Zufriedenheit allerseits, vom Shannon abgesehen.
Nach einigen Bierchen im Yachtclub und viel Gelächter über das hinter uns liegende Abenteuer setzten wir unseren Törn fort. Nach zwei Tagen hatte sich auch der Dieselgestank veflüchtigt.
Übrigens: Von Silver Line erhielten wir die 230 Lter Diesel beim Outcheck gutgeschrieben.