Shannon-Forum

Autor Thema: Irland und Europa  (Gelesen 21880 mal)

Offline Panta Rhei

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 704
  • Der Fluss is a Dorf.
    • www.wolfgang-buck.de
Irland und Europa
« am: 16.06.2008, 20:15 »
Der irische Wähler hat entschieden. Und zwar gegen den Vertrag von Lissabon.

Wie seht ihr das, wie ordnet ihr das ein?

Einerseits hat Irland wie fast kein anderes Land von der EU profitiert. Soviel ich gehört habe, sind in den letzten Jahren 55 Milliarden EU-Gelder auf die grüne Insel gepumpt worden. Liegt die Abstimmungsniederlage daran: Jetzt, wo es mal ans Zahlen geht (was andere Länder schon längst tun), verdünnisiert man sich? Aber ich bin mir nicht sicher, ob die Antwort so simpel ist.

Überall sieht man Schilder, was die EU alles getan und finanziert hat. (Im Gegensatz zum deutschen Osten, wo die EU auch viel hingepumpt hat, aber wo keine solchen Schilder stehen, sondern wo man einen, der kein Deutscher ist, schon mal misstrauisch betrachtet.) Also ist doch ein gewisses Bewußtsein in Irland vorhanden, was die EU bedeutet.

Andererseits: Ich wundere mich immer über die Irischen Zeitungen. Wenn du die durchblätterst, dann hast du 80% Meldungen aus Irland, 10% Meldungen aus England, 5% Meldungen aus den USA, 3% aus dem englischsprachigen sonstigen Ausland (Australien und Neuseeland), und wenns hoch kommt, 2% aus Europa. Woher sollen die Leute eine Beziehung zur EU bekommen?

Ebenso: Französischen, italienischen, spanischen Wein musst du mit der Lupe suchen. Aber die Regale sind voll mit Chile, Südafrika, Kalifornien und Australien. Ich denke, dass die gemeinsame englische Sprache mehr Identität schafft, als die gemeinsame Währung (na gut, in Chile spricht man nicht gerade Englisch, aber Pinochet war immer ein guter Kumpel von den Amis).

Schade, dass Europa so wenig Identifikationskraft entwickelt. Die längste Friedenperiode, die Westeuropa je erlebt hat. Offene Grenzen. Naja, der Mensch vergisst schnell und nimmt vieles als selbstverständlich. Irland früher das Armenhaus Europas, die Leute haben die Flucht ergriffen. Heute eines der reichsten Länder Europas, mittlerweile wandert man nach Irland ein.

Dass der Celtic Tiger auch mal überhitzt ist und ihm die Luft ausgeht, dass die Immobilienblase irgendwann platzt, naja, ich weiß nicht, ob da Europa dran Schuld ist. War vielleicht zuviel selbstgemachte Euphorie im Spiel.

Erklär mirs mal einer. Wir müssen ja nicht gleich streiten (das ist immer die Gefahr bei Politik), sondern können das Für und Wider kultiviert gegeneinander abwägen.



Ein herzliches Ade aus Oberfranken!
Wolfgang

Offline oliver k.

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 3043
  • ....könnte gleich wieder losfahren!!
    • Die Tourseite
Re: Irland und Europa
« Antwort #1 am: 16.06.2008, 22:55 »

-->OT @Pantha Rhei

......(Im Gegensatz zum deutschen Osten, wo die EU auch viel hingepumpt hat, aber wo keine solchen Schilder stehen, sondern wo man einen, der kein Deutscher ist, schon mal misstrauisch betrachtet.)

Nur mal so zur Info: Im "Osten" gibts genug Schilder die auf EU-Gelder hinweisen, und im "Westen" musst Du nicht mal "kein Deutscher" sein um misstrauisch betrachtet zu werden. Da reicht es, "Ost"-Deutscher zu sein. ;)
Ich weis von was ich rede, da ich -rein dienstlich- ständig in den "Alt"-Bundesländern unterwegs bin.
Ist nicht persönlich gemeint, aber musste an dieser Stelle mal erwähnt werden.

Zu Deinem Thema Irland und die Europäische Identität:
Ich denke, das liegt irgendwie am "Inseldasein" der Iren. Das ist wie bei den Briten, die haben mit der EU auch nicht viel am Hut. Nicht mal die gemeinsame Währung. Wenn man immer nur von Wasser umgeben ist, fehlt halt der "Über"-Blick zu den Nachbarn. Versuch doch bloß mal in Irland oder England Jemand zu finden, der irgend eine Fremdsprache spricht. Okay, Englisch wird (fast) in der ganzen Welt gesprochen. Da würde ich mir warscheinlich auch keine Waffel machen und eine andere Sprache lernen.  ;) Da lese ich eben nur Zeitungen in Englischer Sprache oder kaufe bzw. importiere nur Waren aus Englisch sprachigen Ländern.

Viele Grüße aus Leipzig bzw. z.Zt. München
   Oliver
Mein (unser) "Tagebuch" und Fotos auf
http://www.okhome.de

Offline Panta Rhei

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 704
  • Der Fluss is a Dorf.
    • www.wolfgang-buck.de
Re: Irland und Europa
« Antwort #2 am: 17.06.2008, 00:47 »
Hi Oliver, sorry, ich wollte "den Osten" nicht pauschal kritisieren, ich hab da selber viele gute Freunde. Hast Recht! Wenngleich du mir vielleicht zustimmst, dass die Ausländerfreundlichkeit in Sachsen sicher noch etwas steigerbar wäre. Aber wo träfe das nicht zu? Wo du gerade München erwähnst: Ich würde München nicht dem Westen, sondern dem Süden zurechnen, denn im Westen herrscht Demokratie, während im Süden nichts so sehr gefürchtet wird, wie die Demokratisierung Bayerns. M. ist die Stadt, wo du nicht unbedingt sächsisch reden musst, um diskriminiert zu werden. Da reicht schon fränkisch, berlinerisch, hessisch oder jeder andere beliebige nicht-alpine Dialekt. (Achtung Ironie). (Oh, sh.., jetzt krieg ichs gleich aus dem Süden ab).

Aber zurück zum Thema: Was du zu Irland sagst, hab ich mir auch schon so gedacht. Die gemeinsame Sprache ist einfach eines der stärksten Bänder überhaupt. Aber andererseits war ich bisher der Meinung, dass hierin genau der Unterschied zwischen den beiden Inseln liegt. Nämlich dass die Iren die EU so als Art Ausweg empfinden aus einer historisch einseitigen Bezogenheit auf das Vereinigte Königreich. Sie haben nun plötzlich viele Optionen und Handelspartner, und eben nicht nur die beiden früheren Alternativen: Entweder von England unterdrückt werden, oder nach Amerika auswandern. Aber wahrscheinlich sieht man das in Irland gar nicht so grundsätzlich-historisch, sondern eher pragmatisch-wirtschaftlich.

War die irische Entscheidung eher eine Bauchentscheidung? (Wir wollen uns nicht von irgendwelchen Fuzzies in Brüssel unsere Rechte beschneiden lassen!) Oder war es eine zwar kurzsichtige, aber wirtschaftlich begründete Entscheidung? (Jetzt, wo wir zahlen sollen, gefällt uns die EU nicht mehr so gut, wie vorher, als wir die Kohle noch gekriegt haben). Wie ist der Informationsgrad innerhalb der "normalen" Bevölkerung? War das eine "Stammtischentscheidung" aus einer Guinness-Laune heraus, oder sind die Iren jetzt tatsächlich bewusst gegen die EU und haben die Schnauze voll? Ich hab mich schon mit vielen Leuten in Irland unterhalten, aber Politik meidet man ja meistens, deswegen kann ich es nicht einschätzen. Oft geht es halt in Gesprächen nur ums Wetter, um Sport oder wie hoch die Benzinpreise sind. No politics, no religion.
Ein herzliches Ade aus Oberfranken!
Wolfgang

Compass-Rose

  • Gast
Re: Irland und Europa
« Antwort #3 am: 17.06.2008, 06:49 »
Der irische Wähler hat entschieden. Und zwar gegen den Vertrag von Lissabon.

Wie seht ihr das, wie ordnet ihr das ein?

Einerseits hat Irland wie fast kein anderes Land von der EU profitiert. Soviel ich gehört habe, sind in den letzten Jahren 55 Milliarden EU-Gelder auf die grüne Insel gepumpt worden. Liegt die Abstimmungsniederlage daran: Jetzt, wo es mal ans Zahlen geht (was andere Länder schon längst tun), verdünnisiert man sich? Aber ich bin mir nicht sicher, ob die Antwort so simpel ist.

Überall sieht man Schilder, was die EU alles getan und finanziert hat. (Im Gegensatz zum deutschen Osten, wo die EU auch viel hingepumpt hat, aber wo keine solchen Schilder stehen, sondern wo man einen, der kein Deutscher ist, schon mal misstrauisch betrachtet.) Also ist doch ein gewisses Bewußtsein in Irland vorhanden, was die EU bedeutet.

Andererseits: Ich wundere mich immer über die Irischen Zeitungen. Wenn du die durchblätterst, dann hast du 80% Meldungen aus Irland, 10% Meldungen aus England, 5% Meldungen aus den USA, 3% aus dem englischsprachigen sonstigen Ausland (Australien und Neuseeland), und wenns hoch kommt, 2% aus Europa. Woher sollen die Leute eine Beziehung zur EU bekommen?

Ebenso: Französischen, italienischen, spanischen Wein musst du mit der Lupe suchen. Aber die Regale sind voll mit Chile, Südafrika, Kalifornien und Australien. Ich denke, dass die gemeinsame englische Sprache mehr Identität schafft, als die gemeinsame Währung (na gut, in Chile spricht man nicht gerade Englisch, aber Pinochet war immer ein guter Kumpel von den Amis).

Schade, dass Europa so wenig Identifikationskraft entwickelt. Die längste Friedenperiode, die Westeuropa je erlebt hat. Offene Grenzen. Naja, der Mensch vergisst schnell und nimmt vieles als selbstverständlich. Irland früher das Armenhaus Europas, die Leute haben die Flucht ergriffen. Heute eines der reichsten Länder Europas, mittlerweile wandert man nach Irland ein.

Dass der Celtic Tiger auch mal überhitzt ist und ihm die Luft ausgeht, dass die Immobilienblase irgendwann platzt, naja, ich weiß nicht, ob da Europa dran Schuld ist. War vielleicht zuviel selbstgemachte Euphorie im Spiel.

Erklär mirs mal einer. Wir müssen ja nicht gleich streiten (das ist immer die Gefahr bei Politik), sondern können das Für und Wider kultiviert gegeneinander abwägen.







Lieber Wolfgang, alles richtig was Du da schreibst. Ich denke es waren eine Menge Rattenfänger mit Partikularinteressen unterwegs. Natürlich war Irland ein Armenhaus und ist mit der EU zum zweitreichsten Land aufgestiegen. Aber solche Themen darf man eben nicht mit einer Volksabstimmung lösen. Schon Pontius Pilatus hatte sich da verrechnet.
Compass-Rose

Offline bádoir

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 3071
  • Irland sehen- und leben!
    • http://www.dazukommichn.ie
Re: Irland und Europa
« Antwort #4 am: 17.06.2008, 09:55 »
Hallo Leute!

Alle eure Spekulationen sind ja irgendwie richtig, auch wenn der Thread unter "Geschichten" gut aufgehoben gewesen wäre: Undankbarkeit, Egoismus, Insellage, granatendämliche Demagogie......

Der eigentliche, wahre Grund, daß es in Irland zur Ablehnung gekommen ist, ist doch der:

MAN HAT DAS VOLK BEFRAGT

Na, sowas aber auch!
Wo käme man hin, wenn das jeder machen würde?? 8)

bádoir, der in der Schule mal was von Demokratie gehört hat

Offline oliver k.

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 3043
  • ....könnte gleich wieder losfahren!!
    • Die Tourseite
Re: Irland und Europa
« Antwort #5 am: 17.06.2008, 17:15 »

....stellt Euch mal vor in Deutschland oder Frankreich hätte es 'ne Volksabstimmung gegeben. Da wären wir oder die Framzosen jetzt die "Bösen".  ;D
Ich denke mal, bei einer Volksbefragung wird halt mehr aus dem Bauch heraus entschieden, und nicht nur nach Zahlen oder anderen -für den kleinen Mann unverständlichen- innerpolitischen Zwängen.

@Panta Rhei: Das mit dem misstrauischen Blicken hab ich aber auch in Frankfurt/M oder in Hamburg. Also Süd/West unabhängig. Aber ich muß dazu sagen, daß das nicht der Alltag und für den "Westen" (Süden) auch nicht representativ ist. Okay, sind wir jetzt wieder gut??  ;)

Viele Grüße
   Oliver
Mein (unser) "Tagebuch" und Fotos auf
http://www.okhome.de

Offline Franz

  • Verified User
  • Senior Member
  • ****
  • Beiträge: 362
  • Diese Seiten sind einfach klasse!
Re: Irland und Europa
« Antwort #6 am: 17.06.2008, 18:02 »
Hallo Irlandfreunde !

Gegessenes Brot ist schnell vergessen (aus meinem Buchvorschlag)

Undank ist der Welten Lohn

Die Hand die füttert wird als erste gebissen

Tu keinem was Gutes geschieht dir nichts Böses

....alles schon mal gehört!

Aber:
Ich finde es gut das die Padys mit NEIN gestimmt haben.
In einem Dreiländereck ,NL-B-D,wohnend,sind wir schon lange Europäer.Und das gut und gerne.
Die Erweiterungen der letzten Jahre bereiten mir allerdings Unbehagen.Auf mich erwecken diese Erweiterungen
den Eindruck als geschähen sie nur,damit verschiedene Eurokraten ihre Daseinsberechtigung und ihren Leistungsnachweis haben sowie ihre Macht und ihren Wirkungskreis zu erweitern.
Dies hat die Mehrzahl der Iren erkannt und entsprechend abgestimmt.Auch ich hätte mit NEIN gestimmt.
Das Europa der zwei Geschwindigkeiten haben wir bereits.Das der selbstherrlichen Eurokraten und das der europäischen Bürger die die Wahnsinnstaten zu finanzieren haben.

Wer von uns unterschreibt den einen Vertrag von dem er nicht weiss was drinsteht?
Ja sind denn unsere Politiker ganz bekloppt?
Die sollen uns verdammt noch mal in klaren und verständlichen Worten sagen wo die Reise hingeht.
Wer ein 350-Seiten-Beamtentechnokraten-Werk erstellt legt es doch darauf an nicht verstanden zu werden.

Das "Vater unser" besteht aus weniger als 100 Worten,
die "Amerikanische Verfassung" aus einigen Worten mehr!

Danke Irland,schämt euch ihr Politiker!

Gruß und Handbreit

Franz

Einen riesen Dank an alle die diese tollen Seiten maßgeblich unterhalten und pflegen.
Informativ,unterhaltsam,zum Träumen einladend um vom grauen Alltag abzuschalten.
Gruß und Dank
Rita und Franz Ophoven

Offline ukmueller

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 831
Re: Irland und Europa
« Antwort #7 am: 18.06.2008, 05:09 »
Hi y'all
nicht dass es unbedingt notwendig oder hilfreich sei aber hier sind meine fuenf Cents zu dem Thema:

Panta Rhei erwaehnt die 55 Milliarden die in den letzten Jahren in Irland investiert wurden.  1) gerade die Tatsache, dass dies den Iren laufend aufs Brot geschmiert wird war sicher eine der Ursachen fuer das NEIN.  2)  sind diese Investitionen aehnlich zu sehen wie die des Marshall-Plans. Sicher waren die Empfaenger Nutzniesser aber die Kreditgeber (nicht Schenker!) dieser Gelder waren mitnichten uneigennuetzig. Ein Armenhaus Europas ist kein Markt, der Irische Tiger sehr wohl.

Wolfgang: Die Zeitungen schreiben leider was der Leser lesen will. Gluecklicherweise sind sie heute kein Propagandinstrument mehr. Leider fuehrt dies dazu, dass man, ausser in den grossen Medien, nur noch Scheiss bekommt. Es gibt dann noch das Internet und mir ist es lieber aus dem Riesenangebot das serioese suchen zu muessen als aus dem wenigen (staatsgelenkten) die Einheitsmeinung als Information zu bekommen.


Ach ja, mein Lieblingsthema, die Weine. Auch ich war frustriert als mein Admiral, Hauptberuf Smutje, mich in Ballyconnel zu (2) Supermarkets schickte um fuer Ihr Abendmahl einen vernuenftigen Pinot Grigio, z.B. Santa Margherita, zu besorgen. In der sonst recht reichhaften Weinecke kein einziger italienischer Wein! Don't the Irish like Italian wine? fargte ich die Chefin. "Not really"  sagte sie. 1. Erkenntnis: Die Iren sind halt nicht die groessten Wein Connossouire. 2.  Die kalifornirschen Weine, die ja auch ausgezeichnet sind sowie alle andern die aus dem EURO-Ausland kommen sind halt wesentlich billiger. Hat wohl mit der Sprache des Ursprungslandes wenig zu tun. Wi supt watt wi betolen kuenn!

Und dann das mit der EU Identifizierung. Wie identifiziert Ihr D, CH, AUS Euch denn mit den neuesten EU Mitgliedern. Ehrlich mal!

Und, war das eine Bauchentscheidung?  Oder wie Badoir sagt eine beispielhafte Durchfuehrung der Demokratie?  Meiner Meinung nach war es (wie viele andere Waehlerentscheidungen der Vergangenheit, ganz besonders in meinen heimischen USA) ein Kidnapping der demokratischen  Prozeduren.  Die Mehrheit des Volkes weiss kaum um was es geht. Die grosse Mehrheit "doesn't give a shit".  Drum ist die Wahlbeteiligung sehr niedrig.  Diejenigen jedoch, die dies Votum killen wollen kommen en Masse, schleppen Omma und Oppa zur Urne,  vote early , vote often!

Aber dann hab ich noch 'ne Frage zu der EU Erweiterung. Was sind es jetzt, 27 Mitglieder?  Wenn alle Mitglieder werden, ist es dann noch ein Club?  Warum dann ueberhaupt noch einen Club/Union? Alle Menschen werden Brueder?  Ich glaub wir wissen alle, dass das nicht in unseren Genen steckt. Wie soll das aussehen, eine Weltunion aud der eine Seite, -  Iran, Osama bin Laden und Kim Il Jung auf der anderen? Waere ja schoen.

Nun zurueck zum wesentlichen: Was gibt es neues in Irland?  Was kostet das Bier in Athlone? Wo gibt es Eis?

shalom y'al
Uve
Massachusetts
« Letzte Änderung: 18.06.2008, 05:16 von ukmueller »
....and may I die in Ireland.

Offline bádoir

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 3071
  • Irland sehen- und leben!
    • http://www.dazukommichn.ie
Re: Irland und Europa
« Antwort #8 am: 18.06.2008, 12:56 »
Mehrheit des Volkes weiss kaum um was es geht.

Das ist völlig richtig, Uve

Aber was tun?

Demokratie abschaffen?
Klassenwahlrecht?

Dazu kommt eine ganz wesentliche Frage:

Wissen eigentlich unsere Volksvertreter, um was es geht?
Meine klare Antwort: Nein!

Gemeinderäte, Kreisräte, Landtags- und Bundesabgeordnete werden doch schon längst von einer kleinen Kaste aus politischen Alphatieren und der Finanzlobby (meist in Personalunion) gesteuert.


Also, wer soll nun entscheiden?

1. Das „einfältige“ Volk?

2. Die einfältigen Volksvertreter? (Sorry- Anführungszeichen vergessen) ;D

3. Die Finanzlobby?


Drei Übel, aber mit einer dramatischen Steigerung in der Reihenfolge 1 - 3.

bádoir

Offline Panta Rhei

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 704
  • Der Fluss is a Dorf.
    • www.wolfgang-buck.de
Re: Irland und Europa
« Antwort #9 am: 18.06.2008, 14:46 »
Ich glaube, anders als badoir, dass die paar Politiker, die die komplizierten Verträge aushandeln, durchaus schon wissen, um was es geht. Und dass es in unserer komplizierten Welt halt keine einfachen Lösungen mehr gibt. Bestimmt müsste man vieles nicht regeln, z.B. welchen Käse die Franzosen essen dürfen usw. Aber andererseits funktionieren komplizierte Gesellschaften halt nur, in dem man jeden irgendwie ein wenig zu seinem Recht kommen lässt und jedes Einzelinteresse irgendwo Berücksichtigung findet. Und dann wirds halt nun mal kompliziert.

Das Problem ist: Wie erklärt man das den Leuten, die zwar wissen, wer Britney Spears ist, und wer gerade im Dschungelcamp einsitzt, aber informationsmäßig über die Titelseite der Blödzeitung nicht hinauskommen? Und da haben wir das Dilemna, weil ein Propagandaministerium ist das Letzte, was wir brauchen können. Aber die Murdochs und Berlusconis und Springers kommen halt aus bestimmten Gründen auch ihrer Informationspflicht nicht nach, sondern kochen ihr Süppchen. Und wenn, dann interessierts viele wieder nicht. Und die öffentlich-rechtlichen sind auch nicht viel besser: Wenn ein Politiker in einem Fernsehinterview mal zu einem Statement ausholt, das länger als 0:45 ist, dann wird er gerüffelt, ob er das nicht "einfacher" erklären kann, weil dem Volk halt schnell langweilig ist und es dann den Daumen nach unten senkt. Aber manches ist halt nicht einfach zu erklären.

Und das Dumme ist: In allen wichtigen Fragen der letzten Zeit hätte das Volk wahrscheinlich anders entschieden: D-Mark für den Osten? Wiedervereinigung? Abgelehnt. Einführung des Euro? Wir wollen unsere D-Mark behalten! Die Polen in die EU? Das hätte die Bildzeitung schon verhindert. Dagegen hätte das Wahlvolk wahrscheinlich für die Einführung der Todesstrafe und für Folter ("wenn man damit wichtige Informationen bekommt") gestimmt, schlimmstenfalls sogar für die Abschaffung der Demokratie, wenn nach einem Bombenanschlag a la 9/11 nur ein starker Mann Hilfe verspricht. Ich bin da ziemlich pessimistisch und sage als überzeugter Demokrat: Die Gefahr ist, dass, wenn man über alles abstimmen lässt, irgendwann mal einer in einer blöden Situation auf die Idee kommt, über die Demokratie abzustimmen. Oder einige ihrer Grundregeln außer Kraft zu setzen a la Mr Bush. 

Zwischenfrage: welche Zeitung ist in Irland eigentlich noch am seriösesten, also evtl vergleichbar mit der Süddeutschen, Times oder Guardian? Da sitz ich immer 14 Tage auf dem Trockenen.

Was Uve fragt, wie sympathisch uns die neuen Mitglieder der 27er-Gemeinschaft sind: Ich für meinen Teil seh das mit Gelassenheit und Wohlwollen. Wenn ich bedenke, dass in Rumänien vor 19 Jahren noch Ceaucescu mit seiner Securitate an der Macht war, dann sag ich bloß: Wunderbar, dass so ein Land wieder ins zivilisierte Europa zurückgefunden hat. Da stören mich auch die Probleme und das Motorstottern relativ wenig, die das große Europa mit sich bringt. Aber vielleicht bin ich da auch zu sehr Idealist? Wir müssen uns ja nicht alle liebhaben, aber Solidarität und kühler Kopf und vor allem mehr Demokratie würden uns weiterbringen (und das war ja das Gute am Vertrag von Lissabon, dass er die Macht weg von den Apparatschiks rein ins EU-Parlament gebracht hätte).

Naja, Europa is schon o.k. Bloß die Italiener hätten gestern schon rausfliegen sollen, oder.  8) Und dass England nicht dabei ist, ist doch Spitze, oder?

Ein Nebengedanken zu Irland: In manchen Gesprächen hab ich schon gemerkt, dass das Tempo einigen älteren Menschen unheimlich war. "Wo soll das noch alles hinführen, diese Bauwut, dieser Wahnsinns-Boom?" Ein Busfahrer hat mal zu mir gesagt: "Früher, als die Leute noch kein Geld hatten, brauchten sie einander. Heute meint jeder, er kann Egoist sein, weil er ja Kohle hat." Gibt es Indizien, dass auch dieses traditionell orientierte Klientel gegen den Vertrag gestimmt hat? Die, denen einfach alles zu schnell ging? Eventuell auch verbunden mit traditionell katholischen Wählern, die Angst hatten, dass ihrer Meinung nach die Sitten zu liberal geworden sind? Naja, und dann noch andere, denen zu viel Ausländer ins Land gekommen sind? Da gibt es ja oft die fatalsten Bündnisse, wenn es darum geht, aus den unterschiedlichsten Motiven heraus gegen etwas zu sein.   


 
Ein herzliches Ade aus Oberfranken!
Wolfgang

Offline bádoir

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 3071
  • Irland sehen- und leben!
    • http://www.dazukommichn.ie
Re: Irland und Europa
« Antwort #10 am: 18.06.2008, 15:36 »
Lieber Wolfgang!

Ich lasse dir deinen Optimismus.

Aber:

Die Gefahr ist, dass, wenn man über alles abstimmen lässt, irgendwann mal einer in einer blöden Situation auf die Idee kommt, über die Demokratie abzustimmen. Oder einige ihrer Grundregeln außer Kraft zu setzen a la Mr Bush. 

Gerade Bush ist doch das Beispiel, daß man Demokratie auch ohne Volksabstimmung aushebeln kann.

Und was haben die Italiener verbrochen, außer Berlusconi gewählt zu haben? Da gäbe es noch mehr Kandidaten auf der Abschußliste.

bádoir
« Letzte Änderung: 18.06.2008, 17:55 von bádoir »

Offline ukmueller

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 831
Re: Irland und Europa
« Antwort #11 am: 18.06.2008, 18:51 »

Und was haben die Italiener verbrochen, außer Berlusconi gewählt zu haben? Da gäbe es noch mehr Kandidaten auf der Abschußliste.



Ich glaub Wolfgang bezog sich auf die EM und das gestrige Fussballspiel und nicht auf die EU. ;D
....and may I die in Ireland.

Offline Panta Rhei

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 704
  • Der Fluss is a Dorf.
    • www.wolfgang-buck.de
Re: Irland und Europa
« Antwort #12 am: 18.06.2008, 20:26 »
So isses. Sie haben zwar auch den Berlusconi verbrochen, aber vor allem: Mit unberechtigten Elfmetern (WM2006 gegen Australien), Intrigen gegen den Fringser (damit er nicht im Halbfinale gegen sie auflaufen konnte) und Provokation von Zidane zum Erfolg. Was ist dagegen ein Musso .. äh Berlusconi? Naja, seufz, sie werden eh wieder ins Endspiel kommen, den Schiedsrichter kaufen (siehe italienische Liga) und gewinnen. ;D ;D ;D (Achtung, Ironie).
Ein herzliches Ade aus Oberfranken!
Wolfgang

Offline bádoir

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 3071
  • Irland sehen- und leben!
    • http://www.dazukommichn.ie
Re: Irland und Europa
« Antwort #13 am: 18.06.2008, 21:48 »

Ich glaub Wolfgang bezog sich auf die EM und das gestrige Fussballspiel und nicht auf die EU. ;D

So isses.

Liebe Leute, müßt ihr mich so brutal auf meine Bildungslücke hinweisen?

Aber ihr habt recht, dunkel erinnere ich mich an den Erdkundeunterricht. Da war mal die Rede davon, daß in Italien in kleinem Maßstab Reis angebaut wird. Nicht besonders ertragreich; um so schlimmer ist das Unglück, wenn da mal ein Sack voll umfällt!
« Letzte Änderung: 18.06.2008, 22:09 von bádoir »

Offline Panta Rhei

  • Verified User
  • VIP Member
  • *****
  • Beiträge: 704
  • Der Fluss is a Dorf.
    • www.wolfgang-buck.de
Re: Irland und Europa
« Antwort #14 am: 19.06.2008, 00:59 »
z z z ... ::)
Ein herzliches Ade aus Oberfranken!
Wolfgang